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Wenn Kind und Hund spazieren gehen
Für die meisten Kinder gibt es nichts Schöneres, als mit einem Hund zusammen die Umgebung zu erkunden. Die Bewegung an der frischen Luft ist nicht nur gut für die körperliche und mentale Gesundheit von Mensch und Tier. Zudem stärkt die gemeinsame Aktivität auch die Bindung. Doch so schön man sich das Bild eines Kindes mit Hundeleine in der Hand vorstellen mag – in der Realität kann so eine Situation schnell gefährlich werden. Spätestens, wenn das Größenverhältnis zwischen Zwei- und Vierbeiner nicht stimmt, der Hund sich ungezogen gebärdet oder riskante Verkehrssituationen entstehen. Während ein 16-Jähriger mit einem Malteser an der Leine niemanden besorgen würde, würde man eine riesige Deutsche Dogge, die von einem 8-Jährigen geführt wird, sehr skeptisch betrachten – egal, wie wohlerzogen der Hund an der Leine geht. Auch ein freundlicher Hund kann sich schließlich erschrecken oder eine Situation missverstehen. Doch gibt es in Österreich oder Deutschland ein Gesetz, welches das Mindestalter fürs Gassigehen von Kindern festlegt?
Österreich: Keine Gesetze, dafür Haftung
Tatsächlich ist in keinem österreichischen Gesetzestext festgelegt, ab welchem Mindestalter ein Kind mit einem Hund alleine Gassi gehen darf. Das bedeutet jedoch keineswegs, dass man ein Kleinkind mit zwei Neufundländern auf Erkundungstour schicken darf! Denn es obliegt der Verantwortung der Erziehungsberechtigten, sicherzustellen, dass Kind und Hund nichts zustoßen kann. Werden Kind, Hund, andere Personen oder Sachen verletzt oder beschädigt, haften die Eltern für alle entstandenen Schäden. Haben die Erziehungsberechtigten eine Situation entstehen lassen, die als grob fahrlässig einzustufen ist, müssen sie sich eventuell auch vor Gericht verantworten. Zudem kann die Versicherung die Deckung des Schadens ablehnen, und der Schadenersatz muss dann aus eigener Tasche kommen.
Unter fahrlässiges Verhalten fallen beispielsweise Instanzen, wenn Kinder ohne Aufsicht unterwegs sind, obwohl sie noch zu jung sind, um sicher den Straßenverkehr navigieren zu können. Oder, wenn Kinder mit einem oder mehreren Hunden spazieren gehen, die sie offensichtlich nicht unter Kontrolle haben, beispielsweise, wenn der Hund stark auf die Straße oder zu anderen Hunden oder Menschen zieht. Ist Gefahr in Verzug, werden die Erziehungsberechtigten zur Rechenschaft gezogen – aber meist erst dann, wenn tatsächlich etwas passiert.
Empfehlung: Mindestalter fürs Gassigehen von Kind und Hund
Deswegen ist es besser, Kinder auf den Spaziergang mit Hund zu begleiten. So kann man als Erwachsener sicherstellen, dass kein unnötiges Risiko entsteht, und im Ernstfall rechtzeitig eingreifen. Viele Tierschutzorganisationen und Behörden empfehlen, Kinder erst ab 14 Jahren alleine mit dem Hund Gassigehen zu lassen. Dies gilt meist auch für Kinder, die mit Hunden aus Tierheimen spazieren gehen wollen. (Übrigens: Mit dem 14. Geburtstag sind Kinder auch schadenersatzpflichtig, Erziehungsberechtigte haften also nicht mehr für sie.)
Einzige Ausnahme: In Wien dürfen Hunde gewisser Rassen nur mit gültigen Hundeführerschein gehalten und auch ausgeführt werden. Die Prüfung darf man jedoch erst antreten, wenn man das 16. Lebensjahr vollendet hat. Diese Regelung gilt für den Bullterrier, den Staffordshire Bullterrier, den American Staffordshire Terrier, den Mastino Napoletano, den Mastin Espanol, den Fila Brasileiro, den Mastiff, den Bullmastiff, den Tosa Inu, den (American) Pitbull Terrier, den Rottweiler und für den Dogo Argentino. Diese sogenannten „Listenhunde“ darf man daher frühestens mit 16 Jahren und nach dem bestandenen Hundeführerschein alleine ausführen. (Mehr zu Listenhunden in Österreich erfährt ihr hier!)

Deutschland: Ab wann darf ein Kind mit Hund spazieren gehen?
Auch in Deutschland gibt es kein Gesetz, welches das Mindestalter fürs Gassigehen bei Kindern regelt. Natürlich sprechen Behörden und Tierschutzorganisationen auch hier Empfehlungen aus. Beispielsweise geht die Polizei Bayern davon aus, dass „Kinder unter 14 Jahren […] i.d.R. als ungeeignet zum Führen großer Hunde“ seien. Prinzipiell legen Verordnungen mancher Bundesländer jedoch nur fest, dass jede Person, die einen Hund an der Leine führt, körperlich und geistig in der Lage sein muss, dies sicher zu tun. Sollte es zu einem Vorfall gekommen sein, müsste ein Gericht rückwirkend entscheiden, ob das Kind dazu in der Lage war. Dabei spielen die Reife und Entwicklung des Kindes genauso eine Rolle wie die Rasse und der Charakter des Hundes. Denn einem älteren Kind ist durchaus zuzutrauen, einen freundlichen kleinen Hund alleine zu führen.
Zudem gilt auch bei der Haftung in Deutschland: Entsteht ein Schaden, muss geprüft werden, ob die Erziehungsberechtigten des Kindes ihre Sorgfaltspflicht vernachlässigt haben. In dem Fall kann die Versicherung eine Deckung des Schadens wegen Fahrlässigkeit ablehnen, und der Schadensersatz erfolgt aus dem Privatvermögen.
Ausnahme: Listenhunde
Doch Vorsicht Auch hier bilden sogenannte Listenhunde eine Ausnahme, denn für ihre Haltung und Führung gibt es durchaus explizite Gesetze. Verstößt man gegen diese, kann es zu Geldbußen kommen – selbst dann, wenn Hund und Kind sehr brav und harmonisch miteinander spazieren gehen. (Mehr Informationen über Listenhunde in Deutschland finden Sie hier!) Dabei regelt jedes Bundesland seine Gesetze anders – die meisten Gesetzte betreffen die Haltung des Hundes, nur wenige die Führung außerhalb eines Privatgrundstücks:
- In Berlin braucht man zur Führung eines „Listenhundes“ einen Sachkundenachweis. Um diesen abzulegen, gibt es kein explizites Mindestalter – die Person muss jedoch körperlich und geistig in der Lage sein, einen Hund sicher zu führen.
- In Mecklenburg-Vorpommern ist das Führen von Listenhunden erlaubnispflichtig. Das bedeutet, dass die führende Person (neben anderen Bedingungen) mind. 18 Jahre alt sein muss.
Fazit: Vorsicht besser als Nachsicht
Grundsätzlich gibt es also weder in Österreich noch in Deutschland ein Mindestalter fürs Gassigehen für Kinder. Der Konsens lautet, dass ein Kind über 14 Jahre alleine mit einem Hund spazieren gehen kann – sofern es sich nicht um einen Listenhund handelt. In diesem Fall könnte es bundeslandspezifische Regelungen geben. Informieren Sie sich daher vorab, was Sie beachten müssen, wenn Sie ein Kind mit bestimmten Hunderassen auf Gassitour schicken. Im Zweifelsfall gilt: Vorsicht ist stets besser als Nachsicht – für das Kind und den Hund!