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🐶 Plötzlich Angsthundemama
Hi. Ich bins wieder. Falls ihr den Anfang der Geschichte nachlesen wollt, findet ihr den ersten Part hier. Ich bin 2023 versehentlich zur Angsthundemama geworden. Ich habe nicht den ängstlichsten Hund im ganzen Shelter gewählt. Nein, ich habe einen vermeintlich normalen Welpen aus dem Tierschutz adoptiert, doch die Realität war dann eine ganz andere. Und daher glaube ich, dass es nicht nur mir so passiert ist und dass es da draußen viele Menschen gibt, die einen ängstlichen Hund zuhause haben und ihr Leben neu sortieren müssen.
Das Gute daran?
Das Leben mit Angsthund stellt einen vor viele Herausforderungen – große und kleine. Das hat auch was Schönes, aber es ist verbunden mit viel Arbeit und Hingabe. Die wenigsten können nachvollziehen, was das Zusammenleben mit einem besonderen Hund für die eigenen Bedürfnisse und Träume bedeutet und wie sehr sich alles um den Hund dreht (bzw. drehen muss). Mit dem Hund gemeinsam zu wachsen ist aber auch ein ganz besonderes Abenteuer.
Der Angsthund & ich: langsames Zusammenwachsen
Ivie war erst 2 Wochen bei mir, doch es fühlte sich an wie eine Ewigkeit. In Zeitlupe wuchsen wir zusammen, doch wir standen vor einem ganzen Berg von Herausforderungen. Vor draußen hatte sie nach wie vor Panik, ab und zu war sie mutig genug nachts im Garten zu schnüffeln. Unsere Gartenabenteuer hielten nie lange an, zu viele Geräusche ängstigten sie, sodass sie nach wenigen Minuten meist wieder unterm Bett verschwand. Doch immerhin wurden die Phasen kürzer, in denen sie sich versteckte und sie kam immer schneller wieder hervor. Sie begann nachts ausgiebig mit mir zu spielen, sich ab und zu an mich anzulehnen und ersten Körperkontakt herzustellen. Sie löste mit Neugier ihre Intelligenzspielzeuge und sämtliche Leckerli-Suchaufgaben, die ich ihr gab. Ich merkte, dass ihr das Spaß macht und so wurden die Nächte immer actionreicher und lustiger. Aber das hieß für mich auch: weniger Schlaf.
Die Tage mit meinem Angsthund
Da ich tagsüber (immerhin im Home Office) wieder arbeiten musste, wurden die Tage immer quälender. Ivie zeigte sich tagsüber vielleicht ein, maximal zweimal kurz um entweder zu fressen oder sich zu lösen. Aber tagsüber war sie ein ganz anderer Hund. Scheu und extrem schreckhaft schlich sie durch die Wohnung, als wäre hier ein Minenfeld. Einmal hatte ich ihr wohlwollend neue Spielzeuge in den Gang gelegt, durch den sie vom Schlafzimmer ins Wohnzimmer gelangte. Doch von wegen Neugierde – Ivie traute sich nicht mehr unterm Bett hervor und rief mit einem herzergreifenden Hilfeschrei nach mir. Erst, als ich die beiden Stofftiere wegnahm, kam sie zögerlich hervor. Später liebte sie diese Stofftiere, doch Neues fand sie anfangs immer gruselig.
Angst vor Jacken & Frieren im Garten
Da ich sie Ende März adoptiert hatte und es ironischerweise ab diesem Wochenende Dauerregen gab, wurden auch die Nächte manchmal richtig frisch. Ab und zu wurde aus dem Regen auch mal Schneeregen. Aus Zeitgründen zog ich meist nur schnell einen dicken Pulli über, um die nächtlichen Gartenbesuche zu überstehen, doch manchmal war es so kalt, dass ich eine Jacke bevorzugte. Aber: Vor Jacken hatte Ivie natürlich auch Panik. Ich versuchte alles, um ihr den Grusel vor der Jacke zu nehmen (in meinem eigene Interesse), doch es war sinnlos. Hatte ich eine Jacke an, flüchtete sie vor mir, als wäre ich ein Monster. Also blieb die Jacke am Haken. Dann eben mit 3 Pullis in den Garten. An den wenigen Tagen, wo mal die Sonne schien, zeigte sich, wie sehr Ivie vor all den Geräuschen Angst hatte. Bei jedem Schönwetter-Tag war sie völlig verschollen. Zu viele Stimmen draußen; Kinder, die in der Ferne spielten, mehr Geräusche rundherum. Für Ivie ein einziges Gruselkabinett.
Herausforderung: Zeckenhalsband & Angsthund
Damit nicht genug, stand schon die nächste Herausforderung an: denn ihr wurde langsam das Zeckenhalsband, mit dem sie eingezogen war, zu eng. Einem Hund, der sich nicht berühren lässt, ein enges Halsband zu entfernen war eine extrem aufwendige Prozedur. Ich probierte es mit den Händen zu öffnen – nicht erfolgreich. Schneiden: noch schwieriger. Doch es saß immer enger um ihren Hals und obwohl ich es mit der Schere bereits halb durchbekommen hatte wurde es mir mit dem Schneiden zu heikel. Mittlerweile war eigentlich egal wie, es musste einfach runter. Mir wurde gesagt, dass sich diese Bänder eigentlich durch kräftiges auseinanderziehen öffnen lassen sollten. Das hatte zwar bei den ersten Versuchen nicht funktioniert, aber es war trotzdem die beste Option. Also nahm ich all meine Geduld zusammen und wartete auf den richtigen Moment um einmal beherzt anzuziehen. Ein paar Tage hat es gedauert, doch dann bot sich der ideale Moment und ich wusste einfach: Jetzt oder nie. Und tatsächlich bekam ich es gut zu fassen und sie hielt gerade lang genug still um einmal kräftig am Verschluss zu ziehen. Und dann war es geschafft. Endlich war das viel zu enge Zeckenband weg.
Ein kleines Happy-End
Immerhin diese Sorge war erledigt. Aber jeder neue Tag bot neue Herausforderungen und die nächste ließ nicht lange auf sich warten.
Bis zum nächsten Mal
Sabine & Ivie
🐶 Mehr von Sabine & Ivie gefällig? Den ersten Teil unserer Angsthund-Kolumne findest du hier!

Sabine Lehner
Sabine ist 2023 versehentlich zur Angsthundemama geworden und geht seither mit reichlich Herz und Humor durch den holprigen Alltag. Durch ihre Hündin Ivie musste sie lernen, dass nichts selbstverständlich ist und dass das Leben mit einem schwierigen Hund einem einiges abverlangt. Als Team sind sie dennoch oder gerade deswegen unzertrennlich.