Verhaltensprobleme beim Hund? Tipps von Verhaltensmedizinerin Ursula Eybel

by Redaktion
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Interview mit Verhaltensmedizinerin Ursula Eybel über Problemverhalten beim Hund und dessen Ursachen / Hundepfoten auf Menschenhänden

Zusammenarbeit als Schlüssel zum Erfolg in der Verhaltenstherapie

Dr. med. vet. Cornelia Nusser von Vetoquinol führte ein spannendes Interview mit Verhaltensmedizinerin Ursula Eybel.

Wenn ein Hund Verhaltensauffälligkeiten zeigt, ist das für viele Halter:innen eine große Herausforderung. Doch oft liegt die Lösung nicht nur in klassischem Training, sondern in einer engen Zusammenarbeit zwischen Tierärzt:innen, Hundetrainer:innen und den Halter:innen selbst. Verhaltensmedizinerin Ursula Eybel gibt spannende Einblicke in ihre Arbeit und erklärt, warum Teamwork der Schlüssel zum Erfolg ist.

Frau Eybel, Sie sind Verhaltensmedizinerin und haben bereits vielen Hunden und Ihren Halter:innen weitergeholfen. Was hat Sie dazu bewogen, sich auf verhaltensauffällige Hunde zu spezialisieren?

In meinem Alltag in der Tierarztpraxis habe ich oft mit Hunden zu tun, die ein auffälliges Verhalten zeigen. Ein Beispiel: Als mir ein panischer 50 kg schwerer Hund begegnete, den ich unmöglich gegen seinen Willen auf die Waage zwingen konnte, wurde mir klar: Es muss eine bessere Lösung geben – eine, die sowohl für Mensch als auch Hund stressfreier ist. Dieser einprägsame Moment brachte mich dazu, mein Handeln zu überdenken – und ja, es geht auch entspannter für alle Beteiligten.

Was genau ist Ihre Aufgabe als Verhaltensmedizinerin bei Hunden?

Als Verhaltensmedizinerin arbeite ich mit Hunden, die Verhaltensprobleme bzw. problematisches Verhalten zeigen – z.B. aus dem Tierschutz oder Ausland. Durch die ungewohnten Reize in ihrer neuen Heimat sind diese Hunde häufig gestresst, entwickeln Ängste und im schlimmsten Fall auch Aggressionsprobleme.

Ich helfe auch, wenn selbst Hundetrainer:innen nicht weiterkommen oder Rückschritte bemerken, um abzuklären, ob ein medizinisches Problem vorliegt, welches das Verhalten des Hunden erklären könnte.

Was sind die Herausforderungen, mit denen Sie täglich konfrontiert werden?

Es kommen regelmäßig Hundehalter:innen zu mir, die schon viel ausprobiert haben, auch ein professionelles Training, aber einfach nicht weiterkommen.

Hier gilt es für Halter:innen erstmal zu verstehen, dass die Ursache für das Verhalten des Hundes nicht nur beim Tier, sondern auch beim Menschen liegt. Diese Erkenntnis kann herausfordernd sein, doch eine ehrliche Selbstreflexion ist essenziell. Mit einfühlsamer, aber klarer Kommunikation helfe ich Halter:innen dabei, das eigene Verhalten zu hinterfragen – denn oft liegt der Schlüssel zur Veränderung nicht nur beim Hund, sondern auch bei seinem Menschen.

Was sind Ihre Methoden, um herauszufinden, weshalb der Hund verhaltensauffällig ist?

Um das Verhalten eines Hundes richtig einzuschätzen, arbeite ich mit einem Fragebogen, um wichtige Informationen von den Halter:innen zu erhalten. Beobachtungen sind ebenso entscheidend: Ich schaue mir das Hund-Mensch-Gespann genau an, um die Beziehung besser zu verstehen.

Dafür begleite ich beide z.B. auf einem Spaziergang. So kann ich den Hund nicht nur in einer Stresssituation wie beim Tierarztbesuch, sondern im Alltag erleben.

Wichtig ist außerdem, mögliche zugrunde liegende gesundheitliche Probleme frühzeitig durch geeignete Diagnostik auszuschließen. So kann sichergestellt werden, dass die Verhaltensänderung nicht etwa durch Schmerzen verursacht wird. Dass mit chronischen Schmerzen beispielsweise die Zündschnur nicht ganz so lang ist, kann vermutlich jeder nachvollziehen.

Können Ergänzungsfuttermittel in der Verhaltenstherapie unterstützen?

Rein verhaltenstherapeutisch können in leichteren Fällen Ergänzungsfuttermittel wie Zylkene oder Zylkene plus Unterstützung bieten. Dazu gehören beispielsweise für den Hund stressige Situationen wie Autofahrten, Tierarztbesuche aber auch Schwierigkeiten mit dem Alleinbleiben oder belastende Situationen wie Umzüge.

Welche Rolle spielen Medikamente in der Verhaltenstherapie?

Liegt eine medizinische Ursache vor, sollte natürlich auf jeden Fall zunächst dieses Problem behandelt werden.

Bei schwerwiegenden Verhaltensproblemen können Medikamente unterstützend notwendig sein, um den Hund überhaupt erst ansprechbar und trainierbar zu machen. Das Ziel der Medikation ist also vor allem, den Hund wieder in einen Zustand zu bringen, in dem Training möglich ist. Wichtig zu verstehen ist dabei, dass durch eine medikamentöse Behandlung allein das Problem nicht gelöst werden kann. Das sachgemäße Training ist unverzichtbar.

Entscheidend ist besonders bei Verhaltensmustern, die sich über Jahre gefestigt haben, die richtige Kombination aus gezieltem Training und unterstützender Medikation oder Ergänzungsfutter, was eine enge Zusammenarbeit zwischen Tierärzt:innen, Hundehalter:innen und spezialisierten Hundetrainer:innen erfordert. Dabei sollten sich Halter:innen bewusst sein, dass ein solcher Prozess Zeit braucht, Geduld erfordert und nicht immer einfach ist – doch mit der richtigen Herangehensweise können auch in schwierigen Fällen gute Erfolge erzielt werden.

Was können Hundehalter:innen tun, wenn ihr Hund sich auffällig verhält bzw. gestresst ist?

Bei leichtem Stress oder Unruhe können natürliche Nahrungsergänzungsmittel wie Zylkene eine hilfreiche Unterstützung bieten. Aus verhaltenstherapeutischer Sicht ist es ratsam, frühzeitig über die optimale Unterstützung für gestresste Hunde nachzudenken, da sich Verhaltensauffälligkeiten bei Hunden im Laufe der Zeit häufig verschlimmern. In solchen Fällen kann man sich sowohl an Tierärzt:innen als auch an Hundetrainer:innen wenden.

Wie kann man als Hundehalter:in das Zusammenleben mit dem Hund optimieren, um Verhaltensproblemen vorzubeugen?

Bereits vor der Anschaffung sollten sich zukünftige Halter:innen überlegen, welche Anforderungen sie an ihren Hund stellen. Nicht jeder Hund passt zu jedem Menschen – eine sehr aktive Rasse ist für eine ruhige Person oft ungeeignet. Doch auch individuelle Charaktereigenschaften spielen eine Rolle. Werden die Bedürfnisse des Hundes nicht erfüllt, können schnell Verhaltensprobleme entstehen.

Dipl. Tierärztin & Verhaltenstherapeutin Ursula Eybel

  • Studium der Veterinärmedizin an der Universität Wien
  • Assistentin an der Universitätsklinik für Bildgebende Diagnostik (Röntgen, Ultraschall, CT, MRT)
  • seit 2006: Leitung ihrer eigene Tierarztpraxis in Wolfsthal
  • 2012-2015: Post Graduate Ausbildung mit dem Schwerpunkt Verhaltensmedizin & Verhaltenstherapie (VÖK).
  • 2014: Praktikum bei der Fachtierärztin für Verhaltenskunde Barbara Schöning
  • Regelmäßige Teilnahme an nationalen und internationalen Aus- und Fortbildungen, sowie Tagungen, Kongressen, Seminaren und Workshops

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