Gelegenheit macht Diebe – auch in der Hundewelt. Aber warum stiehlt der eine Hund wie ein Rabe, während man beim anderen eine Wurstsemmel am Boden liegen lassen könnte? Und was gibt es für Strategien dagegen?
Dass es die stehlenden und die nicht stehlenden Vierbeiner gibt, wird jedem klar, der – wie ich – bereits viele verschiedene Hunde unter seinem Dach beherbergte. Da gab es meine unverwechselbare Münsterländermischlingshündin Bagheera, die mich seinerzeit nach einer Abwesenheit ungewohnt nervös an der Haustüre begrüßte und mir eindrucksvoll klarmachte, dass ich sie ins Wohnzimmer begleiten sollte.
Dort stand, völlig unversehrt, meine vergessene Jause auf einem Teller am Boden, rundherum befand sich ein See – nämlich aus Sabber. Wie lange Bagheera hier gestanden haben mochte und gesabbert hatte, ohne die Verlockung anzurühren? Natürlich hat sie sie bekommen. Womit wir bei zwei der wichtigsten Faktoren wären: Fairness und Belohnung!
Hunde müssen mitteilen dürfen, das sie etwas gerne hätten. Alleine dafür sollten sie belohnt werden, es muss ja nicht das begehrte Fressobjekt sein, aber zumindest etwas Hochwertiges. Wer Impulskontrolle und Zusammenarbeit anbietet, darf somit auf Belohnung hoffen.
Fairness
Tatsächlich ist zu stehlen oder es nicht zu tun immer auch Ausdruck der Beziehung zwischen Mensch und Hund. Jene, die sogenannte Selbermacher sind, was oft den Erlebnissen in der Vergangenheit zuzuschreiben ist, organisieren sich weit mehr als jene, die nicht Hunger leiden mussten oder nie sich selbst überlassen waren. Für klare Regeln und gezielte Impulskontrollübungen ist es nie zu spät! Ein Leitsatz könnte lauten: Teile mir mit, was du haben willst, mach etwas dafür und dann bekommst du etwas Gutes. Bei mir zuhause lernen eigene sowie Gasthunde, dass der artig in Esstischnähe liegende Hund immer eine Belohnung bekommt, wenn Menschen essen. Das kann sein, was immer vertragen wird. Achtung: Futterneid mitbedenken! Bereits die Erwartungshaltung kann für Anspannung sorgen. Weil Gelegenheit Diebe macht, lautet eine eiserne Regel bei diebisch veranlagten Hunden: Schaffe keine Gelegenheiten, denn damit wird das Stehlen zum selbstbelohnenden Verhalten!
Management
Die Küche darf eine Tabuzone bleiben, Türen werden geschlossen, Essen bleibt nie unbeaufsichtigt u. Ä. Außerdem stiehlt es sich hungrig umso häufiger. Ist der Braten erstmal zur Beute geworden, sollte man trotz Ärger nicht zu großes Aufhebens drum machen, sonst gibt es die Beachtung als Belohnung auch noch oben drauf. Nun gibt es neben den Managementmaßnahmen beim Essen/Fressen aber auch noch die harten Nüsse, die alles stehlen, was nicht niet- und nagelfest ist. Was dann? Wenn es sich um intelligentere Individuen handelt, ist das Tauschgeschäft auch nicht das Gelbe vom Ei, denn dann lernt der Hund möglicherweise die Verknüpfung Stehlen – Aufmerksamkeit – Belohnung gleich mit. Ein solches Exemplar beherberge ich derzeit als Gasthund. Mit Vorliebe stiehlt der junge Irish-Setter-Rüde jene Dinge, die zu teilen keiner bereit ist: Kinderschuhe, Spielzeug, Gewand etc. In ein nettes Zerrspiel mit seiner Tante verpackt, überleben die Dinge nur kurz.
Die zugrundeliegenden Motivationen: Langeweile, Aufmerksamkeitsgewinn, Stressabbau und/oder erlerntes Fehlverhalten. Dieser Kleptomane fordert etwas mehr Kompromissbereitschaft ein. Auch hat er gelernt, dass er als wendiger Ire in den pubertären Monaten mit Sicherheit schneller ist als alles, was ihn zu fangen gewillt ist. Die Challenge bestand somit darin, etwas noch Höherwertiges als das Stehl-Fang-Abluchsspiel zu finden. Und das war (freudige!) Interaktion, gekoppelt mit einem spielerisch erlernten Abgabekommando, um ein Tauschgeschäft zu etablieren. Flitzt der rote Halbstarke somit mit blitzenden Augen und wertvoller Beute vorbei, checke ich ab, ob er sie behalten und zerstören darf oder ob sie tauschenswert ist. Falls ja, biete ich ihm ohne Frust ein Ersatzspiel an, lenke den Fokus auf ein Zerrspiel und sage in dem Moment, in dem er das Diebesgut fallen lässt, das Kommando für Tauschen und lobe ihn. Dann spielen wir eine Runde.
Und ja: Dafür gibt es Beachtung. Der Hundemensch muss kompromissbereit bleiben. An der Verkürzung der Spieldauer arbeiten wir später, wenn er das Ausspucksignal verinnerlicht hat. Zuerst lernt der Jungrüde, dass der Mensch ihm nichts Böses will. Hunde machen nichts, um uns zu ärgern, sondern weil es in irgendeiner Form Vorteile verschafft. Welche sind es? Und wie kann das Tauschspiel hochwertiger werden als jedes Diebesgut? Zuallererst kommt Management zum Tragen, dann Kompromissbereitschaft, immer gekoppelt mit Fairness, die auf eine gute Beziehung abzielt.
Tipps gegen Diebe:
- Stehlen ist selbstbelohnend: Es bedeutet Genuss für den Magen, Stillen der Neugierde, Befriedigen der Kaulust (Stressabbau!) oder Aufmerksamkeit. Management beugt vor!
- Gestohlen und vernichtet? Nicht ärgern! Hunde reagieren auf unseren Ärger beschwichtigend, nicht aus schlechtem Gewissen. Wie ein Tauschgeschäft erlernt werden kann, erfahrt ihr in gutem Hundetraining.
- Wer etwas bekommt, wenn andere essen, muss nicht stehlen. Hungrig stiehlt es sich am wahrscheinlichsten.