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Giardien sind Parasiten, die bei Hund, Katz’ und Mensch plötzlich einsetzende und wiederkehrende, faulig riechende Durchfälle mit Brechreiz auslösen. Passenderweise sehen die kleinen Plagegeister unter dem Mikroskop wie Gespenster aus. Was man gegen sie tun kann und wie man sich vor ihnen bestmöglich schützt, lest ihr hier!
Was sind Giardien?
Bei Giardien (Giardia lamblia, auch G. intestinales oder G. duodenalis genannt) handelt es sich um winzig (10–20 μm) kleine einzellige Parasiten. Mit ihrer birnenförmigen Gestalt, zwei Zellkernen, die an ein Augenpaar erinnern, und mit je acht Geißeln ausgestattet, sehen sie unter dem Mikroskop aus wie kleine Gespenster. Wie passend, sind sie doch wahre Plagegeister!
Giardien überleben als resistente Zysten in Wasser, Erde oder auf Lebensmitteln. Gelangen sie über das Fell, verunreinigtes Wasser oder Futter in den Körper, haften sie mithilfe ihrer Adhäsionsscheibe auf der Oberfläche der Darmschleimhaut, vor allem der des Duodenums (deshalb auch die lateinische Bezeichnung Giardia duodenalis). Nach einer Inkubationszeit von 6 bis 15 Tagen verursachen sie bei Hund, Katze und Mensch plötzlich einsetzende, faulig riechende Durchfälle in meist gelblicher Farbe sowie Brechreiz. Diese Magen-Darm-Symptomatik entwickelt dann häufig chronische Formen. Gerade Kinder und junge Hunde sind von einer Infektion stark betroffen, fällt sie bei ihnen gern stärker aus. (Bis zu 107 Zysten können sich in einem Gramm ausgeschiedenem Kot befinden. Diese sind sofort infektiös.) Alles in allem ein Krankheitserreger, den man nicht in seine Nähe bringen möchte!
Übertragung und Ansteckung beim Hund
Die Ansteckungsgefahr betrifft durch unser enges Zusammenleben in erster Linie Hunde, Katzen, uns Menschen und gelegentlich Kaninchen. Der Infektionsweg findet fäkal-oral über mit dem Kot ausgeschiedene Giardienzysten statt. Diese werden in der Regel beim Putzen vom Wirt auf dem Fell verteilt – was gerade bei Durchfall ein klassisches Szenario darstellt –, weshalb die Ansteckung durch die einfache Kontaktaufnahme unter Artgenossen oder Streicheleinheiten
durch den Besitzer denkbar einfach ist. Lässt die Hygiene besonders stark zu wünschen übrig, ist auch noch die Übertragung über verunreinigtes Wasser möglich. Aber auch Hundehäufchen am Wegesrand oder mit Durchfall bespritzte Grashalme können “wunderbare” Überträger sein. Denn wir alle kennen wohl den einen oder anderen Vierbeiner, der seine Nase buchstäblich in alles steckt und dabei allerlei unerwünschte Mitbewohner mit aufnimmt.
Diagnoseverfahren und Behandlung der Giardiose beim Hund
Die Diagnose geschieht durch einen Nachweis des Antigens mittels ELISA. Hierzu sind inzwischen Schnelltests von verschiedenen Herstellern verfügbar. Eine sichere Aussage kann nur bei Sammelkotproben getroffen werden. Da die Ausscheidung von Giardienzysten intermittierend, also mit Unterbrechungen wiederkehrend, geschieht, kann es bei singulären Proben zu fälschlichen negativen Ergebnissen kommen. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, sammelt die Häufchen an drei aufeinanderfolgenden Tagen und gibt sie im Labor zur Analyse ab. Alternativ möglich, aber sicher nicht alltagstauglich ist außerdem die Entnahme einer Probe aus dem Dünndarm. Das geschieht im Rahmen einer Laparotomie, endoskopischen Darmspiegelung oder auch bei der pathologischen Untersuchung post mortem.
Behandelt wird eine Giardien-Infektion medikamentös mit den Wirkstoffen Metronidazol oder Fenbendazol, die die Darmparasiten wirkungsvoll abtöten. (Nach Ablauf der Medikamenten-Gabe ist es meistens sinnvoll, den Hund nochmal zu testen. So wird sichergestellt, dass die Plagegeister auch erfolgreich beseitigt wurden.) Je nach Schweregrad der Erkrankung können natürlich kreislaufstabilisierende und antidiarrhoische Maßnahmen ergriffen werden. Wer während der Infektion auf leicht verdauliches und nährstoffreiches Futter setzt, tut dem Fellfreund etwas Gutes. Es unterstützt nämlich die angeschlagene Darmflora im Wiederaufbau und hungert die Parasiten etwas aus, die eine zuckerreiche (also kohlenhydratreiche) Nahrung bevorzugen. Außerdem zu bedenken: Sollten im Haushalt noch andere Tiere leben, könnte es notwendig sein, auch sie zu testen oder (vorbeugend) medikamentös zu versorgen.
Hygiene-Maßnahmen bei einem Giardien-Befall
Um eine Wiederansteckung zu vermeiden, sollte während der Infektion auf verstärkte Hygiene gesetzt werden. Eines vorweg: Eine Verbesserung der Situation ist damit auf jeden Fall zu erreichen, eine vollständige Elimination der Giardien ist jedoch beinahe ausgeschlossen – es handelt sich eben um echte Plagegeister. Erschwerend kommt hinzu, dass Giardienzysten extrem resistent gegenüber Reinigungsmitteln sind. Ihr Kryptonit: Dampfreiniger. Mit dem Erreichen von Temperaturen über 60 °C werden sie allerorts als abtötende Maßnahme empfohlen und verzichten dabei noch auf jegliche Chemie. Solange die Fellnase infiziert ist und am besten noch einige Zeit darüber hinaus, sollte deshalb auf besondere Hygiene geachtet werden. Lästig, aber effektiv. Hinweis: Auf (ungereinigten oder unzureichend gereinigten) Böden bleiben die Parasiten bis zu sieben Wochen infektiös, in kühlem Wasser sogar drei Monate und mehr. Deshalb die Böden regelmäßig am besten mit dem Dampfreiniger säubern und feuchten Orten beim Putzen besondere Aufmerksamkeit schenken.
To-Dos bei Giardien. Oder: Was ist konkret zu tun?
- Nach jeder Streicheleinheit und jedem Kontakt mit der Fellnase gilt: gründlich und mit Seife Händewaschen! (Unterwegs am besten Hände desinfizieren.)
- Decken, Pölster, Bettchen und Spielzeug der Fellnase mehrmals wöchentlich mit über 60°C waschen.
- Liegeplätze ausgiebig mit einem Dampfreiniger säubern.
- Oberflächen mit kochendem Wasser oder einem vom Tierarzt empfohlenen Reiniger reinigen.
- Wasser- und Futternapf täglich mit kochendem Wasser auswaschen.
- Futterreste am besten gleich nach dem Fressen entsorgen.
- Häufchen sofort & gründlich aufsammeln und im verschlossenen Sackerl entsorgen. (Fliegen, die sich erst auf infiziertem Kot und danach auf Futterplätzen niederlassen, befeuern sonst die Infektionsrate.)
- Den Hund zwischendurch baden und das Fell im Analbereich trimmen (lassen). Bei langem Fell kann es während einer Infektion hilfreich sein, auf eine Kurzhaarfrisur zu setzen.
Kann man Giardien beim Hund vorbeugen?
Die schlechte Nachricht zuletzt: Wirkungsvoll schützen können wir unsere Vierbeiner vor einer Giardien-Infektion nicht, da sie praktisch allgegenwärtig sind. Eine gewisse Hygieneroutine wirkt allerdings trotzdem: Wasser- und Futternäpfe daher regelmäßig mit kochendem Wasser reinigen und Liegeplätze sowie Spielzeug regelmäßig heiß waschen – auch ohne akute Infektion. Achte außerdem darauf, dass dein Vierbeiner nicht aus Pfützen oder anderen potentiell infizierten Gewässern trinkt. Die Hundehäufchen gründlich und ausnahmslos aufzusammeln, schützt andere Tiere vor einer Infektion. Und ein letzter Rat, der nicht nur gegen Giardien stark macht: Auf eine gesunde Darmflora setzen.
Plagegeister gibt es bekanntlich leider in mehrerlei Gestalt. Flöhe, Hirschlausfliegen oder Herbstgrasmilben können unseren Vierbeinern (und damit auch uns) das Leben schwer machen. Informiert lebt es sich allerdings leichter. Deshalb: lies gern weiter. Außerdem: Kokosöl kann als natürliche Fellpflege auch gegen Parasiten schützen.
Quellen der letzten Überarbeitung
- Bundestierärtzekammer. (2014, August 27). Tückische Darmparasiten. Tipps der Bundestierärztekammer zur Giardien-Infektion. In BTK. https://www.bundestieraerztekammer.de/presse/pressemeldung.php?X=20140827114529
- Giardien beim Hund. (2024, April). In ESCCAP. https://www.esccap.de/parasiten/einzeller/giardien-beim-hund/
- Giardose (Lambliose, Lambliasis). (2024, Juli 30). In Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz. https://www.sozialministerium.at/Themen/Gesundheit/Uebertragbare-Krankheiten/Infektionskrankheiten-A-Z/Giardiose-(Lambliose,-Lambliasis).html
- Tierarztpraxis Dr. Kamlage. (2019, Mai 17). In Tierarztpraxis Dr. Kamlage. https://www.dr-kamlage.de/giardien/