Nach müde kommt blöd: Hundetraining in der Pubertät!

by StefanC
Veröffentlicht: Zuletzt aktualisiert am 5 Minuten Lesedauer
Ein Hund bekommt mit ausgestrecktem Zeigefinger ein Kommando und schaut verwirrt drein, drei Fragezeichen schwirren um seinen Kopf, wahrscheinlich ist er in der Pubertät.

Vergiss Training in der Pubertät?

Es ist eine schwierige Phase für jedes Elternteil – auch für Hundeeltern: die Pubertät. Als Welpe wird noch jedes Kommando freudig befolgt, die kleinen Hundeaugen sind stets auf uns geheftet – und plötzlich wird man beim Kommando links liegengelassen. Auf einmal können unsere Hunde einfach nicht folgen, alles andere scheint interessanter als wir. Die uns überall ohne Leine hinterherlaufende Fellnase weitet ihren Radius plötzlich immer weiter aus, läuft als Junghund sogar mal außer Sicht oder begibt sich in Gefahr, die er bisher mied. Das sind bekannte Geschichten und Phänomene, die keine einzelnen bleiben. Diese Phase lässt uns stöhnen und an uns und unseren erzieherischen Fähigkeiten zweifeln. Da nicht die Nerven zu schmeißen, ist leichter gesagt als gelebt. Vom Risiko, dass etwas passiert, ganz zu schweigen… Aber natürlich ist diese Entwicklung so normal, wie sie nur sein kann. Dennoch kann man gerade beim Hund das Training in der Pubertät nicht einfach links liegenlassen, bis wieder Normalität eingekehrt ist.

Deswegen haben wir hier für euch einige Erklärungen, Tipps und Tricks, wie man diese schwierige Phase beim Hund meistern kann. 

Was passiert in der Pubertät beim Hund?

Der Beginn dieser sensiblen Phase ist bei jedem Hund etwas anders. Denn je nach Hunderasse kann es schon nach sechs Monaten oder erst einem Jahr losgehen. Auch die Dauer hält unterschiedlich lang an: Bei manchen Hunden ist es schon nach sieben Monaten geschafft, bei anderen kehrt erst mit zwei bis drei Jahren Normalität ein. Eine Faustregel gibt es jedoch: Je größer der Hund, desto später tritt die Pubertät ein, dauert dafür aber auch länger. Kleine Hunderassen geraten schneller in den Hormonstrudel, erreichen aber auch schneller den Status als gefestigte Erwachsene.

Ähnlich wie beim Menschen ist die Pubertät auch beim Hund eine ganz normale, wenn auch schwierige Entwicklungsphase. In dieser Zeit wachsen Hunde plötzlich rasant an, und sie werden auch mental selbstbewusster und auch eigenständiger. Die Hormonflut verändert sowohl Prozesse im Gehirn als auch im Stoffwechsel. Schließlich sind auch plötzliche Angstphasen in dieser Zeit keine Seltenheit.

Für mehr Informationen über die körperlichen und mentalen Veränderungen lesen Sie hier unseren Artikel weiter.

Fakt bleibt: Das damit einhergehende veränderte (und oftmals unerwünschte) Verhalten bringt nicht nur uns Menschen, sondern auch unsere Hunde gehörig durcheinander. Und all dies kann das bisher normale Hundetraining schwierig bis unmöglich gestalten. 

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Während der Pubertät testen besonders selbstbewusste Vierbeiner ihre Grenzen aus und zeigen sich dabei schon einmal rauflustiger. / Foto: Pixabay

Trainingsanpassung

Wie kann das Training in der Pubertät also trotzdem gelingen? Mit einem einfachen Prinzip: Wenn sich der Hund verändert, muss sich auch das Training verändern. Nun gilt es, sich an der Konzentrationsspanne des Junghundes zu orientieren. Denn die hormonelle Umstellung zieht dem Körper sehr viel Energie ab, und die veränderte Wahrnehmung der Umwelt tut das Übrige, um pubertierende Junghunde auszulaugen. Gerüche, Reize und Artgenossen bekommen plötzlich eine andere Bedeutung. Das ist reizvoll, aber auch erschöpfend, weil es ständige Konzentration von dem Junghund fordert. Da ist es nicht verwunderlich, dass es plötzlich so schwierig ist, die Aufmerksamkeit des Hundes zu bekommen! Und sich inmitten dieser völlig neuen Welt noch an Kommandos zu erinnern, ist fast schon viel verlangt. Daher kommt auch der bekannte Spruch: “Nach müde kommt blöd!”

Der verständnisvolle Mensch behält das im Kopf und passt das Training dementsprechend an. Er fordert von seinem pubertierenden Jungtier wenige und kurze, aber dafür spannende Interaktionen ein. So bleibt das Hundetraining für beide Parteien positiv behaftet – und artet nicht zu frustrierendem Auf-der-Stelle-treten aus.  Beenden Sie das Training, solange es gut läuft, und nicht immer dann, wenn die Aufnahmefähigkeit bereits nachlässt. Denn auch Verletzungen passieren bei Müdigkeit häufiger!

Grundsätzlich muss man verstehen, dass man in der Pubertät quasi wieder bei Null beginnt. Intensives Training oder das Erlernen von neuen Inhalten sollte man besser in die Zukunft verlagern. Denn mit einem hormonell geordneten Hund lernt und arbeitet es sich gleich viel besser.

Stets sichern!

Ein weiterer wichtiger Punkt für pubertierende Hund ist, dass die Abrufbarkeit in dieser Phase nicht mehr gegeben ist. Das liegt jedoch nicht daran, dass der Hund plötzlich ungezogen ist oder nicht mehr hören will, sondern die Reizbarkeit der Sinne in dieser Zeit auf Maximum arbeiten. Für das Handling des Pubertiers gilt also: Die Schleppleine bleibt dran! Trotzdem kann man auch jetzt weiter an der Abrufbereit für den späteren Freilauf arbeiten. Jeder Spaziergang enthält kurze, lustige Sequenzen und schaffbare Aufgabenstellungen. Es gilt ein Training der kleinsten Schritte – also kein Bei Fuß oder vergleichbar Schwieriges, wofür dem Junghund die Konzentration fehlt. Loben Sie für Sichtkontakt und rufen Sie nur dann ab, wenn die Situation günstig (also ohne Ablenkungen) ist. Und bedenken Sie: Artgenossen stehen derzeit über allem. Die Kommunikation mit ihnen ist wichtig, damit der Hund sich und seine neue Rolle erproben kann. Ähnlich dem jugendlichen Menschen probiert er aus, lernt am Gegenüber, eckt auch mal an, pöbelt oder rempelt, um seine Grenzen kennenzulernen. Aber das ist kein Freibrief, ihn gewähren zu lassen! Denn unliebsame Verhaltensweisen werden durch Wiederholung ebenso gefestigt wie erwünschte.

Geräusche statt Worte

Eine weitere Empfehlung: Mit Geräusch statt Name auf sich aufmerksam machen, wenn es nötig ist. Worte kann er ausblenden, wie Besitzer pubertierender Hunde nur zu gut wissen. Ein Geräusch allerdings kommt schneller im Gehirn an, der Hund muss nicht erst einen Denkprozess zwischenschalten, sondern reagiert instinktiv und reflexartig. Diese Reaktion kann man sich auch im Training in der Pubertät zunutze machen: Der Clicker beispielsweise wirkt direkt auf die Amygdala im Gehirn, der Hund reagiert umgehend mit Aufmerksamkeit. Schafft man es, das Clicker-Geräusch positiv zu behaften, kann dies das Training stark erleichtern.

Für mehr Informationen und Tipps zum Clicker-Training lesen Sie hier weiter.

Hund sitzt auf einer Wiese und bekommt einen Clicker präsentiert.
Clicker sind für Hunde automatisch interessant - und das kann man nutzen. / © Canva

Angstphasen in der Pubertät

Auch Angstphasen können im Alter von 18 Monaten nochmal so richtig zu einer Verhaltensänderung führen. Bisher Bekanntes macht plötzlich Angst, auch ohne schlechte Erfahrungen. Vertraute Geräusche oder Vorgänge werden plötzlich verbellt. Und statt Rückzug des Welpen oder des heranreifenden Hundes kann es zu einem Vorstoß oder Angriff des selbstbewussteren Hundes kommen.

Hier ist strenges Verbot, aber auch Geduld gefragt. Keinesfalls sollte man auf die Angst oder Aggression des Hundes mit Handgreiflichkeit reagieren. Deeskalation lautet das Zauberwort, also eine ruhige Stimme und bestimmte, aber freundliche Körpersprache. Wenn man als Mensch um die Entwicklungsschritte seines Hundes weiß, kann man ihm oft gedanklich einen Schritt voraus sein und reagieren, bevor es zu drohendem Verhalten kommt. Wichtig zu wissen: Mannschärfe bildet sich erst im ausgewachsenen Alter so richtig aus. Territorialverhalten und Aggressionen oftmals auch. In der Pubertät probieren Hunde diese neuen Strategien erst aus, und man kann das unerwünschte Verhalten noch sehr gut korrigieren.

Fazit

Alles in allem lässt sich sagen: Die Pubertät ist für Hund und Herrchen bzw. Frauchen keine leichte Zeit. Dass das Training nicht so rund läuft wie gewohnt, ist normal und sollte man nicht als Rückschritt betrachten.

Wichtiger ist, den Hund sicher und geduldig durch diese Phase zu leiten. Das Bedeutet: Freilauf nur in sicherem Gebiet, Spiel nur mit gut sozialisierten Hunden von sympathischen Besitzern, keinen Vertrauensvorschuss gewähren, sondern vorausschauendes Agieren allerorts und jederzeit – denn der Hund ist momentan nicht zurechnungsfähig! So lange die Pubertät andauert, so lange sollte man als Herrchen bzw. Frauchen vorausschauend handeln und nichts als selbstverständlich annehmen. Und vergessen Sie nicht: Auch diese Phase geht vorüber und gehört zur normalen Entwicklung eines gesunden Hundes dazu. 

Tipps fürs Training in der Pubertät:

  • Anforderungen an die geringere Konzentrationsfähigkeit anpassen
  • Click oder Geräusch statt Name erzeugen schnellere Aufmerksamkeit
  • Erhöhte Verletzungsgefahr, gepaart mit Selbstüberschätzung, bedenken
  • Verständnis statt Strenge – diese Phase geht vorbei!
  • Den eigenen Hund, aber auch andere, schützen

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