Hundetrainerin: “Gehen an der lockeren Leine ist unnatürlich!”

by Redaktion
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hund training gehen an der lockeren leine

Es klingt einfach und ist doch eine der größten Herausforderungen – das Gehen an der lockeren Leine. Conny Sporrer, Hundetrainerin und Inhaberin von Rütter DOGS in Wien, erklärt uns in einem Interview, warum.

Das Gehen an der lockeren Leine zu lernen kostet Vierbeiner und Hundehalter oft zahlreiche Übungsstunden. Wie es funktionieren kann und warum diese Anforderung für unsere Fellnasen so seltsam ist, das haben wir Hundetrainerin Conny Sporrer gefragt.

Wie wichtig ist es Ihrer Ansicht nach, dass ein Hund an der lockeren Leine gehen kann?

Absolut wichtig! In unserer Gesellschaft ist es oftmals unverzichtbar, Hunde an der Leine zu führen. Auch wenn es nicht immer ein leichter Weg ist, dem Hund das lockere Gehen an der Leine beizubringen, ist es doch letztlich für Mensch und Hund viel entspannter. Was wir nur oft vergessen: Einen Hund an der Leine zu führen, ist eine der unnatürlichsten Anforderungen, die der Mensch an seinen Vierbeiner hat. Die Leine begrenzt ihn deutlich in seiner Kommunikation und schränkt ihn ein – in der Natur gibt es so etwas nicht. Bringen wir dem Hund aber spielerisch bei, das Gehen an der Leine wie ein !An-die-Hand-Nehmen! zu verstehen, kann  Leinenführigkeit die Mensch-Hund-Beziehung sogar bereichern.

Wann beginne ich am besten mit dem Training zum Gehen an der lockeren Leine?

Leinenführtraining sollte bereits im Welpenalter beginnen. Wenn der Hund bereits in dieser Phase lernt “Angeleint zu sein, ist einfach toll” hat man die beste Grundlage, ihm das Gehen an der lockeren Leine beizubringen. Oft sehen Hunde aber die Leine per se schon als negativ an. Angeleint zu werden heißt dann “Spaß vorbei und jetzt ziehen und Luft abschnüren”. Deshalb sollte man im ersten Schritt alles was für den Hund positiv ist, mit der Leine verknüpfen. Er wird ab sofort also beim Füttern, Streicheln, Spielen etc. angeleint – all das ist auch wunderbar mit Leine möglich. Dadurch lernen die Vierbeiner auch, aufmerksam zu sein, schließlich folgt ja etwas Spannendes mit dem Menschen. Leider lernen viele Hunde aber bereits im frühen Alter, dass an der Leine zu ziehen absolut sinnvoll für sie ist. Sie sehen einen anderen Hund, wollen an einer Stelle schnuppern oder schnellstmöglich zur Hundezone und ziehen. Und der Mensch … folgt ihnen. Natürlich lernen sie so, dass es sich absolut lohnt, in eine Richtung zu ziehen.

Wie wird ein solches Training am besten aufgebaut?

Ist der Hund dann mit seinem Menschen aufmerksam und gut ansprechbar, kann das Leinenführtraining losgehen. Um es dem Vierbeiner nicht so schwer zu machen, ist es hilfreich in einer relativ ablenkungsfreien Umgebung zu starten. Das kann auch das eigene Wohnzimmer oder der Garten sein.

Im ersten Trainingsschritt geht man locker mit dem angeleinten Hund drauf los und belohnt ihn sofort wenn er entspannt an der Leine nebenher geht. Das Lob kann verbal oder/und mit einem Leckerli erfolgen. Fängt der Hund danach wieder an zu ziehen, wendet man sich von ihm ab, schenkt ihm keine Aufmerksamkeit mehr und wartet auf den Moment, wo er wieder lockerer geht. Klappt das gut, kann auch schon ein Signal dazu eingeführt werden – z.B. das Wort “Leine“.

Weiß der Hund nun, was “Leine“ bedeutet, muss er genauso gut auch einen Modus außerhalb der Leinenführigkeit kennen. Gerade im Übungsaufbau ist es ja unrealistisch, den Hund nun perfekt leinenführig durch alle Alltagssituationen zu leiten. Daher ist anzuraten, einen Modus, z. B. „Zieh“, für alle Situationen außerhalb des Leinenführtrainings festzulegen. Dies kann man gleichzeitig auch mit dem “Umschnallen“ auf ein Brustgeschirr verbinden, während “Leine“ z.B. am Halsband stattfindet. In diesem Modus darf der Hund auch mal überholen, schnüffeln und bedingt auch ziehen. Sagt man seinem Hund nun also „Zieh“, und er zieht tatsächlich, kann man immer behaupten: „Das habe ich ihm ja auch gesagt.“

Kann man sagen, wie lange es in etwa dauert, bis der Hund an der lockeren Leine geht? Auch unter Ablenkung?

Darauf gibt es leider keine Pauschal-Antwort. Es gibt Hunde, die beherrschen eine gute Leinenführigkeit, vor allem auch dank des guten Timings ihrer Halter, innerhalb einer Trainingsstunde. Da geht es dann nur noch darum, die Leinenführigkeit in verschiedene Alltagssituationen zu integrieren und die Reize sukzessive zu steigern. Dann gibt es Mensch-Hund-Teams, da dauert es viele Jahre. Zu allermeist liegt das aber an mangelnder Trainingskonsequenz der Menschen und nicht am vierbeinigen Leinenende.

Wie bringe ich einem Hund, der sich an der Leine bereits aggressiv gegenüber anderen Hunden verhält, bei, an der lockeren Leine an anderen Hunden vorbeizugehen?

Leider gibt es keine Gebrauchsanleitung gegen Leinenaggression. Das hat mitunter damit zu tun, dass es so viele verschiedene Gründe dafür geben kann, die es im ersten Schritt gilt herauszufinden. Erst wenn die Ursache geklärt ist, kann sinnvolles Training stattfinden. Dennoch gibt es ein paar Tipps und “Erste-Hilfe-Maßnahmen”, um den Hund in diesen schwierigen Situationen sicher vorbei zu führen:

  1. Bei unerwünschter Begegnung abwenden oder Richtung wechseln, bei frontaler Begegnung mit genügend Platz einen weitläufigen Bogen um den anderen Hund gehen.
  2. Den eigenen Hund immer an der abgewandten Seite zum anderen Hund führen. Der Mensch dient dann als Puffer und entschärft die Begegnung.
  3. Ist der Hund versessen auf ein bestimmtes Spielzeug oder einen besonderen Leckerbissen, darf man ihn in dieser Phase noch damit ablenken um ohne Getöse aus der Begegnung zu kommen. Aber Achtung: Unerwünschtes Verhalten darf hier nicht belohnt werden, Timing ist ganz wichtig!
  4. Wenn es möglich ist, kann eine Alternative zum aggressiven Verhalten aufgebaut werden. Dies kann ein kleines Suchspiel, aber auch einfach nur ein “Sitz” neben oder hinter dem Halter  sein.
Martin Rütter geht mit einem Welpen an der lockeren Leine

1. Schritt: Bereits im Welpenalter sollte man damit beginnen, alles was für den Hund positiv ist, mit der Leine zu verknüpfen. © Klaus Grittner

Frau geht Husky an der lockeren Leine. Hund schaut zur Besitzerin

2. Schritt: Um mit dem Training starten zu können, muss der Hund gut ansprechbar sein. Geht er locker los, wird sofort belohnt. © Klaus Grittner

Frau geht mit Hund an der lockeren Leine. Hund sieht zu ihr.

3. Schritt: Ein Modus außerhalb der Leinenführigkeit kann zum Beispiel mit dem „Umschnallen“ auf ein Brustgeschirr verbunden werden. © Klaus Grittner

Frau geht mit Hund an der lockeren Leine. Hund folgt ihr.

4. Schritt: Sobald der Hund zieht, wendet man sich von ihm ab und schenkt ihm keine Aufmerksamkeit, bis er wieder lockerer geht. © Klaus Grittner

Martin Rütter DOGS Wien – Conny Sporrer – Kontakt

Telefon: +43 680 243 37 08
E-Mail: [email protected]
Jedlersdorfer Straße 133, 1210 Wien

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Conny Sporrer absolvierte das Hundetrainer-Studium in Bonn und brachte als erste Österreicherin Rütter's D.O.G.S. nach Wien. © Robert Polster

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