Traurig aber wahr: Meldungen über ausgelegte Giftköder häufen sich – und somit auch die Ängste der Hundebesitzer, auch ihr Liebling könnte einen solchen erwischen. Spaziergänge müssen aber nicht zwangsweise zur Tortur werden. Wie man mit gezieltem Training die Einstellung des Hundes zum Fressen ändert – und Giftködern somit die Show stiehlt – das erklärt Hundetrainerin und –psychologin Yvonne Adler.
Ist es denn möglich, dem Hund anzutrainieren, nichts zu fressen, was er während eines Spazierganges findet?
Natürlich ist ein solches Training möglich! Man darf jedoch nicht außer Acht lassen, dass es viele Möglichkeiten gibt einen Hund zu vergiften. Wenn es sich zum Beispiel um Kontaktgift handelt, bringt ein Training, das darauf abzielt „nichts zu fressen“ wenig.
Wenn ja, wie kann so ein Giftködertraining aussehen? Wie wird es aufgebaut?
Leider passiert es häufig, dass HundehalterInnen sehr aufgeregt reagieren, wenn der Hund etwas ins Maul nimmt und fressen möchte. Sie rufen laut „Aus“, laufen dem Hund vielleicht sogar nach und versuchen das Fundstück aus dem Mund zu holen. Der Hund, der ja nicht weiß, dass das Futter für ihn tödlich sein kann, versteht dieses Verhalten nicht. Er lernt dabei nur, dass es besser ist alles möglichst schnell und vielleicht auch noch heimlich abzuschlucken, damit es ihm niemand wegnimmt. Im schlimmsten Fall geht dies so weit, dass Hunde gar nicht mehr unterscheiden, was gefunden wurde, sondern einfach alles abschlucken. Das können dann auch Steine oder Müll sein, die natürlich auch hohe gesundheitliche Gefahren bedeuten.
Um hier eine nachhaltige Verbesserung zu erreichen, muss ein erfolgreiches Training die Einstellung des Hundes zu gefundenem Fressen ändern. Der Hund muss lernen, dass die Nähe des Menschen immer etwas Positives bedeutet! Die Einstellung „Achtung, gleich wird mir mein Fundstück weggenommen“ muss sich ändern zu „Schön, von Herrchen oder Frauchen bekomme ich immer etwas viel Besseres!“
Welche Schritte sind dazu notwendig?
Der Trainingsansatz dazu läuft wie folgt ab: Die erste Übung ist relativ simpel – der Hund erhält eine Kaustange und lernt unter dem Kommando „Tauschen“, dass er eine gleichwertige oder sogar bessere Kaustange erhält. Der Hund sollte die zweite Kaustange zu Beginn noch sehen und riechen können. Das Kommando „Tauschen“ sollte dann gesagt werden, sobald sich der Fang vom Hund öffnet. Das richtige Timing ist hier besonders wichtig. Wenn HundehalterInnen hier erst noch um das Tauschobjekt streiten müssen, lernt der Hund unter anderem nur die Ressource möglichst schnell zu schlucken.
Im zweiten Schritt, kann der Hund das Tauschobjekt nicht mehr sehen oder riechen. HundehalterInnen geben das Kommando und sobald der Hund die Ressource fallen lässt, bekommt er ein gleichwertiges oder besseres Futter. Wichtig ist auch, dem Hund das ausgespuckte Objekt wieder zurück zu geben, damit dieser fertig kauen darf. So lernt der Hund, dass es kein Problem ist ein Fundstück auszuspucken, weil er es ohnehin zurückbekommt. Wenn dieses Kommando gut eingeübt ist, sollte es auch bei Spaziergängen geübt werden.
Es kann zum Beispiel der Trainer gebeten werden, einige Kaugegenstände zu verteilen. Die HundehalterInnen wissen dabei, wo sich die Kaugegenstände befinden. Wenn der Hund etwas erschnüffelt, sollte das Kommando „Tauschen“ ganz entspannt gesagt werden. Lässt er den Gegenstand liegen oder spuckt der Hund ihn aus, bekommt er ein sehr, sehr gutes Leckerchen. So lernt der Hund, dass es sich für ihn auszahlt gefundenes Futter anzuzeigen oder abzutauschen. Wichtig ist in diesem Kontext auch, dass sich Stimmung oder Emotionen vom Hundehalter auf den Hund übertragen können. Sind die HundehalterInnen also weiterhin sehr aufgeregt, wird der Hund das Objekt nicht gerne ausspucken. Hier ist es wichtig, absolut entspannt zu bleiben.
Wenn dies ausreichend trainiert wurde, zeigen Hunde gerne her, was sie gefunden haben. Die BesitzerInnen können es dann begutachten und entweder fressen lassen oder weggräumen. Für dieses Verhalten gibt es in jedem Fall ausgiebiges Lob und für futtermotivierte Hunde immer mal wieder einen besonderen Leckerbissen.
Wie jedes Training, ist der Erfolg immer abhängig vom Mensch-Hund-Team. Die Erklärung ist nur eine Kurzfassung und geht nicht auf die individuellen Problemstellungen und Anforderungen ein. Strikt abzulehnen ist natürlich jede Form von Gewalt im Training bzw. die Arbeit mit Schreckreizen. Dies verstößt nicht nur gegen das österreichische Tierschutzgesetzt, sondern der Hund kann dadurch auch nachhaltig verängstigt werden. Da durch solche Methoden die Vertrauensbasis geschädigt wird, erhöht sich sogar die Chance, dass der Hund Fundstücke sofort abschluckt. Schlaue Hunde lernen außerdem sofort, dass sie alles fressen können, wenn nur der Hundehalter weit genug weg ist und dadurch keinen Einfluss mehr auf sie hat.
Video: TV-Bericht mit Yvonne Adler
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Kann man das jedem Hund beibringen, egal welchen Alters bzw. welcher Rasse?
Grundsätzlich kann man dieses Training bei jedem Hund einsetzen – egal wie alt dieser ist oder welcher Rasse er angehört. Zu beachten ist natürlich, dass die Schnelligkeit der Erfolge unter anderem von der Lernerfahrung, dem Lerntempo des Hundes, Timing des Hundehalters und der Häufigkeit der Übung abhängig ist.
Wie viel Zeit braucht so ein Training, damit es auch wirklich gefestigt ist?
Dies ist von Individuum zu Individuum unterschiedlich. In der Regel zeigen sich erste Trainingserfolge meist schon nach den ersten Wochen, wenn kontinuierlich trainiert wurde, und Wiederholungen der Übungen auch an verschiedenen Orten stattgefunden haben. Wenn ein Hund zum Beispiel schon sechs Jahre alles frisst, was gefunden wird, wird das Training länger dauern, als wenn es bei einem sehr jungen Hund trainiert wird, der dieses Verhalten noch nicht eingeübt hat. Schließlich stehen hier sechs Jahre Lernerfahrung gegenüber dem neu erlernten Verhalten. Es braucht seine Zeit, bis das Erlernte zur Gewohnheit wird.
Kann es bis zu einem gewissen Grad eine Garantie geben, dass der Hund einen etwaigen Giftköder auch wirklich nicht mehr anrührt?
Ein Restrisiko wird immer bleiben, schließlich sind Hunde – wie auch wir Menschen – fühlende und denkende Lebewesen. Sie agieren und reagieren situationsbedingt. Deshalb wird es nie möglich sein, alle Umgebungen und Umstände zu trainieren (generalisieren) und das Training so zu 100 Prozent abzusichern.
Es wurden auch schon Giftköder in privaten Gärten ausgelegt. Würde ein Hund, der gelernt hat, keine fremden Substanzen während eines Spazierganges aufzunehmen, das dann auch im eigenen Garten nicht tun?
Auch dies ist vom Hund und seiner Lernerfahrung abhängig. Je früher ein Hund lernt abzutauschen und/oder anzuzeigen, desto lieber und nachhaltiger wird das Erlernte abgerufen. Daher ist die Chance, dass dieses Verhalten auch im eigenen Garten gezeigt wird sehr hoch. Wenn Hundehalter jedoch zum Beispiel Leckerli-Suchspiele im Garten machen, die eine durchaus sinnvolle Beschäftigung darstellen, kann dies wieder zu Misserfolgen führen, da der Hund gelernt hat im Garten Dinge aufzunehmen. Hier ist die Wahrscheinlichkeit sehr viel höher, dass dies auch bei „fremden“ Gegenständen gemacht wird.
Der Trainingsablauf Schritt für Schritt:
1. Schritt: Futter tauschen. Der Hund bekommt eine Kaustange und lernt unter dem Kommando „Tauschen“, dass er eine gleichwertige oder sogar bessere Kaustange erhält.
2. Schritt: Anzeige von Gefundenem. Mithilfe des Kommandos „Tauschen“ lernt der Hund, dass es sich für ihn auszahlt, gefundenes Futter anzuzeigen und abzutauschen.
3. Schritt: Riesen Belohnung fürs Liegenlassen. Lässt der Hund das gefundene Fressen liegen, müssen eine ganz besondere Belohnung und ausgiebiges Lob folgen.
Yvonne Adler leitet eine hundepsychologische verhaltenstherapeutische Praxis in Grub im Wienerwald sowie eine Hunde(halter)schule samt Trainingsgelände in Schwechat. Weitere Infos unter www.adler-dogs.at/kontakt
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Ihr wollt mehr von Yvonne Adler hören? Hier findet ihr hilfreiche Bücher über Hundeerziehung.
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