Der Schauspieler Hansi Hinterseer mit einem seiner Kollegen auf vier Pfoten.

Die Aufgaben unserer Hunde als Helfer für das tägliche Leben der Menschen haben sich im letzten Jahrhundert umfassend geändert. Auch vor der Kamera haben sich die Hunde ihren Platz erobert als Darsteller, die ihre Individualität in aller Deutlichkeit zeigen dürfen. Dr. Wolfgang Zörner gibt uns einen spannenden Einblick in die Arbeit mit seinen tierischen Filmstars, die an der Seite von Hansi Hinterseer ihr schauspielerisches Talent zeigen durften – und erklärt, warum sich nicht jeder Hund als Schauspieler eignet.

Hunde vor der Kamera

Die Aufgaben unserer Hunde sind richtige Berufe mit teils aufwändigen Ausbildungsprogrammen geworden. Denken wir nur an Diensthunde, Rettungshunde oder an die Therapiehunde und die ganz besonderen Helfer in der Medizin, wo die manchmal unerklärliche Sensibilität unserer vierbeinigen Freunde eine wertvolle Ergänzung in der Diagnose und Therapie ist.

Ist es da verwunderlich, dass sich Hunde als Schauspieler am Theater und besonders im Fernsehen eine wichtige Position erobert haben? Die Tatsache, dass der Hund das Tier mit der engsten Verbindung zum Menschen geworden ist, mag es leicht erscheinen lassen, aus dem reichen Angebot von derzeit mindestens 400 Rassen jeweils die richtige oder besser noch die passende Entscheidung bei der Besetzung zu treffen.

Wie bei einem/einer Schauspieler:in ist aber nicht allein das Aussehen wichtig, um für den Charakter einer Rolle den geeigneten Hund zu finden, sondern es muss auch der Ausbildungsstand des Hundes bekannt sein, mit dem das Regieteam rechnen kann. Und in diesem Zusammenhang ist es nicht nur verständlich, sondern absolut notwendig, dass Regisseur:in und Schauspieler:in die Grenzen der Belastbarkeit des Hundes kennen.„111061“

Präzise Vorbereitung

Wie sieht das nun in der Praxis aus, wenn Hunde vor der Kamera stehen sollen? Am Anfang steht das Drehbuch, in dem die Aufgaben des Hundes genau beschrieben sind. Es versteht sich von selbst, dass Hundeführer:in oder Trainer:in (am besten beide in einer Person) sich damit vor Drehbeginn beschäftigen und den Hund entsprechend seines Ausbildungsstandes trainieren.

Das Leistungspotenzial und die Grenzen des Hundes sollten zwischen Drehbuchautor:in und Hundeführer:in vorab genau abgesprochen sein, um Überraschungen bei den Dreharbeiten vorzubeugen – so erhält man genügend Vorlauf, um Handlungen vorzubereiten, die für den Hund neu und damit ungewöhnlich sind. Für Hunde meist unproblematisch ist ihre dekorative Präsenz in einer Szene.

Ein völlig anderes Gewicht bekommt der Einsatz eines Hundes dann, wenn von ihm ein Zusammenspiel mit Menschen, also echten Partner:innen, verlangt wird. Schauspieler:innen lernen in ihrer Ausbildung die unmöglichsten Dinge, doch nur selten den Umgang mit Tieren, daher ist die Vorarbeit von besonderer Bedeutung. Selten kann man von dem glücklichen Umstand ausgehen, der sich bei den zwölf Filmen mit Hansi Hinterseer ergab, wo sich Sympathie und enger Kontakt von Beginn an zwischen den Hunden und Hansi einstellten.„110822“ Das hatte nichts mit Ausbildung zu tun, sondern es war in erster Linie Hansis besondere Ausstrahlung auf Tiere. Ein glücklicher und seltener Umstand, der sich für die Regie als sehr erleichternd erwies. Da man nicht erwarten kann, dass Schauspieler:innen, Hundeführer:innen oder vielleicht gar Hundesportler:innen sind, ist es oft notwendig, dass sie sich mit dem/der Hundetrainer:in zum Vorbereiten zurückziehen – dafür bleibt oft nicht viel Zeit.

Herausforderungen vor der Kamera

Weiter muss man berücksichtigen, ob es sich um eine für den Hund fremde Umgebung handelt. Meist wichtiger ist jedoch für den Hund seine Zusammenarbeit mit Personen. Es kann natürlich sein, dass Hunde eher als Teil der Ausstattung eingesetzt werden als in Szenen, die Kommunikation, wenngleich auch ohne Worte, verlangen. Diesen Kontakt herzustellen, ohne Worte oder Gesten, ist zwischen Menschen vor der Kamera viel leichter zu zeigen als mit einem Hund.

Aus der Handlung ergeben sich oft auch Szenen, die viel Geduld erfordern, wie bestimmte „Kunststückerln“, die zwar dem TV-Publikum meist sehr gefallen, aber als Dressur-Elemente nichts mit der Wirklichkeit zu tun haben: wenn der Hund z.B. weiß, wie man ein kompliziertes Schloss aufmacht. Voll der Natur und der Wirklichkeit entsprechend hingegen sind jene, die das Bild der Hunde als positive Begleiter des Menschen widerspiegeln. Das ist in den abendfüllenden Filmen mit Hansi Hinterseer der angestrebte Weg gewesen und hat mit der deutlich zum Ausdruck gekommenen Verbundenheit von Mensch und Tier Erfolg errungen.„111064“

Genaues Zeitmanagement

Unabhängig davon gibt es verschiedene Eigenschaften, die ein Hund mitbringen muss, um physisch und auch psychisch für Dreharbeiten in Frage zu kommen. Für den Hund wird es ungewöhnlich sein, u.U. jede Nacht in einem anderen Hotelzimmer zu schlafen. Nicht zu einem normalen Lebensstil gehören ebenfalls Drehtage, die morgens um 4 Uhr beginnen (Sonnenaufgänge sind sehr beliebt …) und abends nicht vor 21 Uhr (… und auch Sonnenuntergänge!) enden.

Die eigentlichen Drehzeiten mit ihren zahlreichen Unterbrechungen stellen das Hundehirn meistens auf eine harte Probe. Vor allem dann, wenn eine Szene bis zu 20 Mal wiederholt werden muss wegen technischer Störungen, Textversprechen der Schauspieler:innen, fremder Geräusche wie Flug- und Autolärm (wenn es sich um Live-Außenaufnahmen handelt) oder auch des kritischen Blicks mit entsprechender verbaler Begleitung aus dem Regieteam. Das alles wirkt sich negativ – selten positiv – auf das nicht die Zusammenhänge erkennende Hundehirn aus und mag der Grund sein, warum sich nicht jeder Hund für dieses stressige (aber letztlich doch dankbare) Geschäft eignet.

Über den Autor

Dr. Wolfgang Zörner züchtete von 1984 bis 2016 Berner Sennenhunde unter dem Zuchtstättennamen „von Wiesmadern“ – seine Hunde spielten an der Seite von Hansi Hinterseer in zwölf Filmen. Er war jahrelanger Präsident der österreichischen Rettungshundebrigade und der internationalen Rettungshunde Organisation sowie Leistungsrichter für Gebrauchs-, Rettungs- und Lawinenhunde. Kürzlich erschien sein Buch „HUNDE – Begegnungen – Erlebnisse – Zucht“, erhältlich unter: www.bernersennenhunde.at„111065“ img_size=“medium“ add_caption=“yes“]

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