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Schmerz, lass nach!
Woran wir erkennen, dass der Vierbeiner leidet
Hat ein Hund Schmerzen, ist das für Laien oft nicht leicht zu erkennen. Anders als wir Menschen versucht er solche nämlich meistens zu verbergen. Anzeichen gibt es aber dennoch.
Was sind Schmerzen überhaupt?
Schmerzen (akute und chronische) sind ein wichtiges Alarmsignal des Körpers. Zugleich ist ein Schmerz aber immer nur ein Symptom. Er zeigt an, dass etwas nicht stimmt. Die Ursache kann von außen kommen, wie beim Tritt auf eine Scherbe, oder von innen, wie bei einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse. Auslöser können Hitze, Kälte, Verletzungen, Entzündungen oder sogar Gifte sein. Leidet ein Vierbeiner über längere Zeit daran, entsteht ein sogenanntes „Schmerzgedächtnis“. Das bedeutet, dass die Nerven Schmerzen melden, wenn die Ursache längst behoben ist. Um ein solches zu vermeiden, ist rasches Handeln wichtig.
⚡ Für alle, die es genauer wissen wollen: Schmerzen im Detail
Schmerz dient als Alarmsystem unseres Körpers. Spezialisierte Sinneszellen, sogenannte Rezeptoren, erfassen schädliche Reize und leiten diese Informationen blitzschnell über die Nervenbahnen an das Gehirn weiter. Dort erfolgt die Analyse: „Vorsicht, das ist schmerzhaft!“ – eine Botschaft, die uns dazu veranlasst, unser Verhalten entsprechend anzupassen. Doch in bestimmten Situationen zählt jede Sekunde, und der Weg über das Gehirn wäre schlichtweg zu langsam. Hier kommen die Reflexbögen ins Spiel: Sie ermöglichen eine unmittelbare Reaktion, indem sie die Verarbeitung direkt im Rückenmark übernehmen. Das passiert beispielsweise beim Griff auf heiße Oberflächen. Da ziehen wir – dank der Reflexbögen – die Hand schnell wieder weg. Ein faszinierendes Zusammenspiel biologischer Intelligenz, das unser Überleben sichert.
Warum Hunde Schmerzen verbergen
Oder: Der Wolf im Hund kennt keinen Schmerz
Daran, dass unsere Vierbeiner Schmerz und Unwohlsein verbergen, ist die Erbbiologie schuld. Im Wolfsrudel galt es, Stärke zu beweisen. Kranke Tiere gefährdeten im schlimmsten Fall das Rudel und wurden daher nicht selten ausgeschlossen. Dieses intuitive Wissen, das ein Hund von seinen Vorfahren vererbt bekommen hat, zwingt ihn dazu, Schwäche zu maskieren. Dass Bello tollt und spielt, ist deshalb kein verlässliches Zeichen für Schmerzfreiheit. Oft gilt es, genau hinzusehen und zu beobachten. Und auch im Zweifelsfall heißt es: Ab zum Tierarzt! Nur so kann verhindert werden, dass der Vierbeiner an (chronischen) Schmerzen leidet.
💡Tipp für den Tierarztbesuch
In veränderter Umgebung verhalten sich Vierbeiner oft anders. Schmerzanzeichen könnten dort stärker maskiert werden. Deshalb zuhause Fotos oder Videos machen, die das veränderte Verhalten aufzeichnen.
Anzeichen erkennen: Wie zeigt ein Hund Schmerzen an?
Jaulen, Winseln, Humpeln – untrügerische Zeichen für akute Schmerzen. Meist sind die Anzeichen aber subtiler. Schmerzen führen oft zu körperlichen Veränderungen und/oder Änderungen im Verhalten. Fallen solche auf, lohnt es sich, genauer hinzusehen. Bei Kuschelstunden kann der Vierbeiner vorsichtig abgetastet werden. Den Tierarzt zu kontaktieren, ist aber immer eine gute Idee. Zu ihnen gehören:
- Verändertes Ruhebedürfnis: Ist der Vierbeiner auffallend ruhig, zieht sich zurück, hat keine Lust zu spielen und zu toben, obwohl er normalerweise aktiv und verspielt ist, kann das auf Schmerzen hindeuten. Umgekehrt kann er aber auch mit Ruhe- und Rastlosigkeit reagieren.
- Veränderungen im Bewegungsablauf: Der Vierbeiner will sich nicht mehr hinlegen, liegt anders als sonst oder nur auf einer Seite? Oder er liegt gerne, macht aber nicht mehr Sitz? Vermeidet er es plötzlich, Treppen zu steigen oder aufs Sofa zu springen? Dann könnten (Gelenks-)Schmerzen oder eine Erkrankung des Bewegungsapparates vorliegen.
- Schonhaltung, Lahmheiten oder veränderte Bewegungen: Schonhaltungen sollen schmerzende Körperregionen entlasten und können daher Zeichen für Schmerzen sein. Auch eine eingeklemmte Rute, wackelige Beine oder unübliche Körperhaltungen (wie ein Katzenbuckel) gehören dazu.
- Zittern: Angst, Kälte, Infekte, Hitzschlag, Vergiftung oder Schmerzen – auf all das reagieren Vierbeiner mit Zittern. Dabei muss nicht zwangsläufig der ganze Hunde beben. Fällt Ihnen ein leichtes Zittern z.B. am Hinterlauf auf, lohnt es sich abzuklären, ob der Vierbeiner in dieser Körperregion Schmerzen hat.
- Starkes Hecheln & Schmatzen: Hechelt Ihr Hund (unabhängig von Hitze und Anstrengung) stark oder schmatzt häufig, kann es auf Schmerzen hindeuten. Selbiges gilt für flache, schnelle Atmung in Verbindung mit hohem Puls.
- Lecken/Nagen: Bello leckt sich übermäßig oft und stark an derselben Stelle oder kann gar nicht aufhören, sie zu benagen? Sind keine offenkundigen Gründe (wie eine kleine Verletzung) auszumachen, könnte es der Versuch sein, Schmerzen zu begegnen.
- Untypisches Verhalten: Wie sich Schmerzsymptome auf die Stimmung des Vierbeiners auswirken, hängt stark von seiner Persönlichkeit ab. Einige regieren mit Ängstlich- oder Schreckhaftigkeit, manche mit Launenhaftigkeit, wieder andere aufbrausend bis aggressiv. Auch plötzliche Anhänglichkeit kann auf Schmerzen hindeuten. Fallen häufige Stimmungswechsel oder Auffälligkeiten lohnt es sich, das Tier auf Schmerzen untersuchen zu lassen.
- Berührungsempfindlichkeit: Weicht Bello vor Berührungen zurück, obwohl er sonst sehr zugewandt ist? Oder knurrt er gar beim Bürsten? Dann am besten ab zum Tierarzt und dort abklären lassen!
- Verändertes Fressverhalten: Leidet Ihr Hund unter Schmerzen, kann er auch mit verändertem Fress- oder Trinkverhalten reagieren. Frisst oder trinkt er auffallend viel, wenig oder gar nicht, könnten beispielsweise Bauch- oder Magenschmerzen stecken.
💡Tipp für die kalte Jahreszeit
Gerade Rassen mit kurzem Fell oder wenig Unterwolle reagieren auf feucht-kaltes Wetter in Herbst und Winter oft mit anhaltenden Rückenschmerzen. Wind- und wasserfeste Rückendecken können hier Abhilfe schaffen!
Wissenschaftliche Studie belegt: Hinter Verhaltensauffälligkeiten stecken oft Schmerzen!
Ein internationales Forscherteam aus Kanada, den USA und Großbritannien widmete sich 2019 einer spannenden Fragestellung: Gibt es einen Zusammenhang zwischen Schmerzen und Verhaltensauffälligkeiten bei Hunden und Katzen? Ihre Untersuchungen führten zu einer bahnbrechenden Erkenntnis: Bei ungewöhnlichem Verhalten sollte man stets auch mögliche Schmerzursachen im Blick behalten. Besonders eindrucksvoll ist der Fall einer Labrador-Hündin, die über Jahre hinweg Steine fraß. Zahlreiche Tests auf Magen-Darm-Erkrankungen blieben ergebnislos, bis schließlich eine leichte Hüftdysplasie entdeckt wurde. Nach nur sechs Monaten gezielter Schmerztherapie gegen die Hüftprobleme hörte die Hündin mit dem Steinverzehr auf. Die Forscher kamen zu dem Schluss, dass die Essstörung nicht durch Verhaltensprobleme, sondern durch Schmerzen ausgelöst wurde. Diese Studie verdeutlicht, wie wichtig es ist, auch verborgene Schmerzursachen in Betracht zu ziehen – denn hinter auffälligem Verhalten steckt nicht selten körperliches Unwohlsein.
Schmerzanzeichen im Überblick
- Jaulen, Winseln, Humpeln
Verändertes Ruhebedürfnis:
- Rückzug, keine Lust zu spielen oder toben.
- Alternativ: Unruhe oder Rastlosigkeit.
Veränderungen im Bewegungsablauf:
- Vermeidet Hinlegen oder liegt anders als sonst.
- Schwierigkeiten beim Treppensteigen oder aufs Sofa springen.
Schonhaltung oder Lahmheit:
- Entlastung schmerzender Regionen, eingeklemmte Rute, wackelige Beine, ungewöhnliche Körperhaltungen (z. B. Katzenbuckel).
Zittern:
- Lokal oder am ganzen Körper, möglich durch Schmerzen, Angst, Kälte, Infekte, Vergiftungen oder Hitzschlag.
Starkes Hecheln & Schmatzen:
- Unabhängig von Hitze oder Anstrengung, schnelle flache Atmung, hoher Puls.
Lecken oder Nagen:
- Übermäßiges Lecken oder Nagen an einer Stelle ohne offensichtliche Ursache.
Untypisches Verhalten:
- Ängstlichkeit, Schreckhaftigkeit, Launenhaftigkeit, Aggressivität oder plötzliche Anhänglichkeit.
Berührungsempfindlichkeit:
- Zurückweichen bei Berührungen oder Knurren beim Bürsten.
Verändertes Fress- oder Trinkverhalten:
- Übermäßiges, vermindertes oder kein Fressen/Trinken, möglicherweise durch Bauch- oder Magenschmerzen.
📚Zum Weiterlesen: Gut gewappnet gegen Schmerzen
Nicht selten ist eine Hüftdysplasie für Schmerzen bei Hunden verantwortlich. Auch schmerzhafte Ohrenentzündungen kommen häufig vor.