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Eine Hüftdysplasie (oder Hüftgelenksdysplasie) kommt beim Hund häufig vor. So häufig, dass sie meist sogar dem hundebegeisterten Laien ein Begriff ist und nicht nur der/dem Mediziner:in. Sie scheint bei gewissen Rassen – besonders bei großen – häufiger aufzutreten. Tatsächlich wird sie aber vererbt, sodass keine Hunderasse wirklich frei von der schmerzhaften Fehlentwicklung ist. Alles Wissenswerte zu Symptomen, Behandlung & dem Leben mit Hüftdysplasie lest ihr hier!
Inhalt
- Was ist eine Hüftdysplasie?
- Wie entsteht eine Hüftdysplasie?
- Wie kann man einer Hüftdysplasie vorbeugen?
- Welche Hunderassen neigen zu Hüftdysplasien?
- Wie äußert sich eine Hüftdysplasie?
- Schweregrade einer Hüftdysplasie
- Behandlung der Hüftdysplasie und Therapie
- 💡Wie viel Bewegung benötigen Hunde mit Hüftdysplasie? (Tipps und was es zu vermeiden gilt!)
- Hüftdysplasie und die Zucht
👉 Das Wichtigste im Überblick:
- Eine Hüftdysplasie ist eine (meiste) genetisch bedingte Fehlentwicklung des Hüftgelenks.
- Übergewicht, übermäßiges Treppensteigen und Hüpfen auf hartem Untergrund belastet die Hüfte und sollte vermieden werden.
- Bei Welpen ist auf Ruhe und angepasstes Futter ohne übermäßige Energie- und Mineralstoffzufuhr zu achten, um eine gesunde Hüftentwicklung zu fördern.
- Ein instabiler Gang, auffälliger Hüftschwung, häufiges Aufjaulen, Lecken an der Hüfte und Pausen beim Spaziergang können auf Hüftdysplasie und Schmerzen hindeuten. Solche Anzeichen lieber beim Tierarzt abklären lassen!
- Hunde mit Hüftdysplasie profitieren von regelmäßiger Bewegung in Balance. Aktivitäten wie Schwimmen und Spaziergänge auf ebenem Untergrund sind ideal.
Was ist eine Hüftdysplasie?
Bei der Hüftdysplasie (HD) handelt es sich um eine für den Hund schmerzhafte Fehlentwicklung des Hüftgelenks, die die Lebensqualität und Leistungsfähigkeit stark einschränken kann. Sie ist in aller Regel genetisch bedingt, was bedeutet: die Anlage für eine dysplastische Hüfte wird vererbt. Aus diesem Grund kommen Hüftdysplasien bei gewissen Rassen häufiger vor als bei anderen. Dennoch muss sich die Hüftdysplasie trotz genetischer Prädisposition nicht ausbilden. Auch zu schnelles Wachstum und eine inkorrekte Mineralstoffversorgung können eine Hüftdysplasie verursachen.
Wie entsteht eine Hüftdysplasie?
Während der Wachstumsphase kommt es bei Welpen mit dysplastischer Hüfte zu einem Ungleichgewicht der Kräfte zwischen Knochen, Muskeln und Bändern. Das Ergebnis ist, dass der Oberschenkelkopf (auch Femurkopf) nicht ausreichend von der Gelenkspfanne des Hüftgelenks (auch Acetabulum) umschlossen ist. Diese Fehlstellung sorgt dafür, dass der Hund die Gelenkknorpel, die zwischen den Knochen liegen, um Reibung zu verhindern, durch normale Bewegung abnutzt. Da der Knorpel schneller abgenutzt wird, als er wieder aufgebaut werden kann, wird schließlich das Knorpelgewebe immer weniger. Diesen Fehlprozess nennt man Arthrose. Im Endstadium der Arthrose entsteht direkte Reibung der Knochen aufeinander, was außerordentlich schmerzhaft für den Hund ist.
💡Wie kann man einer Hüftdysplasie vorbeugen?
Übergewicht ist für Hunde mit Hüftproblemen besonders belastend. Eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige Bewegung helfen, das Gewicht der Vierbeiner im gesunden Rahmen zu halten. Häufiges Treppensteigen und Hüpfen auf hartem Untergrund belasten die Hüfte ziemlich. Wenn möglich, darauf verzichten! Besonders bei Welpen sollte auf Ruhezeiten geachtet werden, da ständige Be- oder Überlastung die Entstehung einer Hüftdysplasie fördert. Auch die Welpenernährung spielt eine Rolle: Energiereiches Futter mit Mineralstoffzusätzen sollte möglichst vermieden werden, um gesundes Wachstum zu fördern. Ein hoher Energiegehalt oder ein Übermaß an Mineralstoffen kann die Entwicklung einer Hüftdysplasie begünstigen und den Verlauf negativ beeinflussen.
Welcher Hund hatte die erste diagnostizierte Hüftdysplasie?
Die allererste Diagnose einer Hüftdysplasie wurde an einem deutschen Schäferhund vorgenommen. Seither ist diese Rasse besonders stark damit assoziiert. Während es stimmt, dass sie häufiger bei großwüchsigen Hunderassen auftritt, sind aber leider auch die kleinsten Fellnasen nicht davor sicher.
🐶 Welche Hunderassen neigen zu Hüftdysplasien?
Wie äußert sich eine Hüftdysplasie?
Typische Symptome der HD
Zeigt der Vierbeiner einen instabilen Gang oder auffälligen „Hüftschwung“ (eine Seitwärtsbewegung der Hüfte), sollten Frauchen und Herrchen aufmerksam werden. Auch häufiges Aufjaulen beim Spielen, An-der-Hüfte-Lecken oder –Knabbern sowie vermehrte Pausen beim Spazierengehen können Warnsignale sein. Solche Verhaltensweisen können auf Schmerzen durch eine Hüftdysplasie hinweisen. Selbiges gilt für Veränderungen im Wesen des Hundes wie Zurückgezogenheit oder Unruhe. Auch sie können Anzeichen für körperliches Unwohlsein (beispielsweise Schmerzen) sein.
Ein typisches Anzeichen für Hüftdysplasie ist also eine eingeschränkte Beweglichkeit, oft begleitet von einem hasenartigen Hoppeln statt normalem Laufen. Durch die Fehlbelastung entwickelt der Hund häufig eine verhärtete Hüftmuskulatur. Auch Geräusche wie Knacken oder Knirschen bei Bewegung deuten auf Probleme im Hüftgelenk hin. Obwohl diese Anzeichen allein noch keine sichere Diagnose bedeuten, ist es ratsam, solche Symptome umgehend tierärztlich abklären zu lassen, um mögliche Beschwerden frühzeitig zu behandeln.
Frühzeitiges Handeln gefragt
Bei Hunderassen, die anfälliger für Hüftdysplasien sind, ist ein frühdiagnostischer Termin beim Tierarzt oft unerlässlich, um der Krankheit entgegenzuwirken, noch bevor Symptome auftreten. Die Vetmeduni Wien empfiehlt einen solchen zwischen 14 und 16 Lebenswochen, bei Riesenrassen (Neufundländer, deutsche Doggen, Bernhardiner, etc.) zwischen der 16. und 18. Lebenswoche des Welpen.
Schweregrade einer Hüftdysplasie
Die Hüftdysplasie wird in fünf Schweregrade von A (HD-frei) bis E (schwere HD) eingeteilt; auch Zwischenstufen sind möglich. Ausschlaggebend für den Schweregrad ist neben der Gelenksabnutzung auch der Norberg-Winkel. Der Norberg-Winkel eines gesunden Hundes beträgt mindestens 105°, rassetypische Variationen sind möglich.
- Schweregrad A: HD-frei
unauffällige Gelenksstellung mit einem Norberg-Winkel von 105° oder mehr - Schweregrad B: HD-Verdacht
Oberschenkelkopf und Gelenkspfannendach sind leicht ungleichmäßig geformt, Norberg-Winkel beträgt 105° oder mehr ODER gleichförmiger Schenkelkopf und Pfannendach und Norberg-Winkel ist kleiner als 105° - Schweregrad C: leichte HD
ungleichmäßiger Schenkelkopf und Pfannendach, Norberg-Winkel ist 100° oder kleiner, eventuell leichte arthrotische Veränderungen - Schweregrad D: mittlere HD
deutlich ungleichmäßiger Schenkelkopf und Pfannendach mit Subluxation*, Norberg-Winkel ist größer als 90°, arthrotische Veränderungen und Veränderungen des Pfannenrandes - Schweregrad E: schwere HD
auffällige Veränderungen an den Hüftgelenken, Luxation*, Norberg-Winkel ist unter 90°, abgeflachter Pfannenrand, starke arthrotische Veränderungen
*Als Luxation bezeichnet man den Kontaktverlust der einzelnen Gelenkselemente zueinander oder eine Verlagerung aus ihrer ursprünglichen Position, auch Verrenkung genannt. Eine teilweise Verrenkung nennt man Subluxation.
Behandlung der Hüftdysplasie und Therapie
Erst die schlechte Nachricht: Hüftdysplasie können leider nicht nachhaltig geheilt werden. Die gute ist aber: Physiotherapie, richtige Ernährung und chirurgische Eingriffe zögern das Fortschreiten der Krankheit deutlich hinaus und ermöglichen Hunden trotz HD ein erfüllendes Leben. Schmerzsymptome werden in der Regel mit Medikamenten behandelt.
Operative Eingriffe
Bei jungen Hunden kann u. a. die Gelenkskapsel chirurgisch gestrafft oder eine Osteotomie (= Neupositionierung) des Beckens durchgeführt werden, um ein Fortschreiten der HD zu verhindern. Bei bereits stark geschädigten Gelenken hilft oftmals ein künstliches Hüftgelenk. Auch Behandlungen mit Stammzellen, die das Knorpelgewebe wieder aufbauen, haben Erfolge verzeichnet.
Wie viel Bewegung benötigen Hunde mit Hüftdysplasie?
Hunde mit Hüftdysplasie profitieren von regelmäßiger, gut dosierter Bewegung. Hier gilt es, die Balance zwischen Überlastung und zu wenig Bewegung zu finden. Ideal sind Aktivitäten wie Schwimmen und Spaziergänge auf ebenem Boden – sie stärken die Muskulatur, schonen jedoch die Gelenke.
💡Tipps zur Auslastung von Hunden mit Hüftdysplasie:
- Mehrere kurze Spaziergänge sind besser als eine lange Runde.
- Bewegung schrittweise steigern
- Auf Erschöpfungssignale achten.
⚠️ Was vermieden werden sollte:
- Übermäßiges Ballspielen
- Aktivitäten mit ruckartigen Drehungen
- Spiel mit schwereren Hunden
- Treppensteigen
- glatte Oberflächen, auf denen der Vierbeiner ausrutschen kann
Hüftdysplasie und die Zucht
Hundezüchter achten mittlerweile verstärkt darauf, betroffene Tiere von der Zucht auszuschließen: Bei vielen Zuchtverbänden ist eine Bescheinigung der HD-Freiheit vonnöten, um zur Zucht zugelassen zu werden. Leider bietet aber selbst diese Schutzmaßnahme keine absolute Garantie, dass ein Welpe nicht doch eine Gelenksfehlentwicklung durchlaufen kann.
Das liegt an der genetischen Komponente: Hüftdysplasie kann sich im Erbgut von den Eltern auf die Welpen übertragen, obwohl die Eltern selbst keinerlei Hüftfehlstellung ausgeprägt haben. Das Gen im Erbgut alleine muss daher noch kein Garant für ein tatsächliches Auftreten der Hüftfehlstellung sein. Als HD-frei können eigentlich nur Tiere angesehen werden, deren Großeltern, Eltern, deren Geschwister, eigene Geschwister und Kinder keine HD entwickelt haben.Gerade deswegen ist es wichtig, junge Hunde, egal welcher Rasse oder von welchem Züchter, frühzeitig zu einer Abklärungsuntersuchung zu bringen. Im Allgemeinen gilt: Je früher die Veranlagung zur Hüftdysplasie erkannt wird, desto bessere Maßnahmen können getroffen werden und desto mehr Lebensqualität kann dem Hund erhalten oder geschenkt werden.