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Erst kürzlich entdeckte eine Studie der Cambridge-Universität eine genetische Mutation, die Retriever-Rassen doppelt anfällig für Übergewicht macht. Das sogenannte POMC-Gen kommt in rund einem Viertel aller Labradore und zwei Dritteln aller Flat Coated Retriever vor.
Wie wir Menschen werden leider auch unsere Hunde immer dicker: Das bestätigte auch eine Wiener Studie. Übergewicht bei Mensch und Tier wird meist mit Lifestyle assoziiert – und der Trend zur Fettleibigkeit gerne mit zu wenig Bewegung und zu fett- und zuckerreicher Nahrung in Verbindung gebracht. Dennoch spielt auch Genetik eine nicht unwesentliche Rolle. Das beweist die jüngste Studie der Fakultät für Physiologie, Entwicklung und Neurowissenschaften der britischen Universität Cambridge. Für wissenschaftliche Zwecke erhob das Forscherteam um Dr. Eleanor Raffan eine Stichprobe aus 87 erwachsenen Labrador Retrievern. Ein Teil war mit einer genetischen Mutation, dem POMC-Gen, geboren worden, die Kontrollgruppe nicht. Das POMC-Gen tritt oftmals mit stark erhöhtem Körpergewicht auf. Doch das Zusammenspiel zwischen Gen und Verhalten war bis dato noch nicht gut erforscht. Deswegen unterzog das Team allen Hunden denselben drei Tests.
Wurst in der Box
Zuerst bot man allen Hunden alle 20 Minuten eine Dose Hundefutter an, bis die Hunde nicht mehr weiteressen wollten. Dabei stellte sich heraus, dass Hunde mit POMC-Gen zumindest keine größeren Mengen fraßen als Hunde ohne POMC.
An einem anderen Tag bot man jedem Hund eine Wurst an, verschlossen in einer klaren Plastikbox mit Luftlöchern. So konnten die Hunde die Wurst sehen und auch riechen, aber nicht ohne Weiteres fressen. Nun erfasste das Team, wie lange und wie intensiv jeder Hund versuchte, an die Wurst in der Box zu gelangen. Hier zeigten sich signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen: POMC-Hunde zeigten sich wesentlich hartnäckiger als ihre Artgenossen ohne Genmutation. Diesen Umstand interpretierte man als Zeichen für ein größeres Hungergefühl.
In einem dritten Test durften die Hunde in einer speziellen Kammer schlafen. Ein Gerät in der Kammer maß dabei die Atemgase der Hunde und zog Rückschlüsse darauf, wie viele Kalorien die Hunde im Ruhezustand verbrennen. Auch hier machte das POMC-Gen einen Unterschied: Hunde mit Genmutation verbrauchen etwa 25 Prozent weniger Kalorien als Hunde ohne POMC.
Doppelt vorbelastet
Aus diesen Ergebnissen postulierte Dr. Raffan, dass Hunde mit POMC-Gen viel anfälliger für Übergewicht sind. Nicht nur verfügen sie über ein größeres Hungergefühl, sie verbrennen insgesamt auch einen geringeren Anteil der zugeführten Kalorien. Der Überschuss lege sich deswegen besonders leicht als Fettgewebe am Hundekörper an. Besonders Retriever-Rassen sind von dieser Genmutation betroffen. Etwa 25 Prozent aller Labrador Retriever und sogar 66 Prozent aller Flat Coated Retriever verfügen über dieses Gen. “Alle Besitzer von Labradoren und Flat Coated Retrievern müssen darauf achten, was sie diesen hochgradig futtermotivierten Hunden füttern, damit sie ein gesundes Gewicht halten”, erklärt Dr. Raffan. “Besitzer von dicken Hunden bekommen oftmals unhöfliche Kommentare zu hören. Man wirft ihnen vor, dass sie nicht richtig auf die Ernährung und Bewegung ihrer Hunde achten. Aber wir haben gezeigt, dass Labradore mit dieser Genmutation ständig auf der Suche nach Futter sind und versuchen, ihre Energiezufuhr zu erhöhen. Es ist sehr schwierig, diese Hunde schlank zu halten, aber es ist machbar.”
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