Sie kommen in allen Größen und Farben. Mit kurzen und langen Beinen, mit Steh-, Kipp- und Schlappohren, mit Kringelruten und Ruten, die hoch über dem Rücken oder waagrecht abstehend getragen werden. Mit langen und kurzen Nasen. Schon die derzeit bekannten Hunderassen sind unglaublich vielfältig und Mischlingshunde erhöhen die Vielfältigkeit um ein Vielfaches.
Manchmal haben Mischlingshunde unbekannte Elterntiere und manchmal entstehen sie, weil Menschen gezielt zwei verschiedene Rassen miteinander verpaaren, um mögliche Rassevorzüge in einem Hund zu vereinen.
Ein Synonym für Mischlingshunde ist auch Promenadenmischung. Diese Bezeichnung rührt aus dem 18. und 19. Jahrhundert, wo oft Dienstmädchen die Hunde ihrer Arbeitgeberinnen ausführen mussten und nicht wirklich darauf achteten, ob und wann diese sich untereinander verpaarten.
Überraschungspaket Mischlingshund?
Mischlingshunde können in vielen Bereichen ziemliche Überraschungspakete sein – wie groß sie werden, welche Charakter- und Wesensmerkmale sie entwicklen. Scheint es noch möglich zu sein, rudimentäre Aussagen treffen zu können, wenn die Elterntiere bekannt sind und vielleicht auch noch ähnlichen Rassen angehören, so ist es bei zumindest unbekannten Vätern und gänzlich unterschiedlichen Rassen (z.B. Jagdhundtyp und Hütehundtyp) kaum noch im Bereich des Möglichen, bei einem Mischlingswelpen vorherzusagen, wie er sich entwickeln wird.
Wir Menschen haben durch gezielte Selektion in den letzten 30.000 Jahren dafür gesorgt, dass unsere Hunde zu immer differenzierteren Spezialistinnen und gezielt für „Berufe“ gezüchtet werden. Es wurden Hunde ausgewählt, die sich besonders gut als Wachhunde eigneten oder als jagdliche Begleiterinnen oder zum Beispiel auch als Schlittenhunde. Hierbei wurde auch darauf geachtet, dass Körperbau und Wesen der Hunde optimal für die ihnen zugedachte Aufgabe passend war.
Unsere heutigen Hunderassen haben sich aus diesen ursprünglichen Arbeitsrassen entwickelt. Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden unsere Hunde dann quasi immer mehr in Richtung Begleiterinnen für den Alltag „umgeschult“, weg von reinen Gebrauchshunden des jeweiligen Zuchtzwecks.
Was wir über hunderte, wenn nicht gar tausende Jahre durch Zucht heraus selektiert haben, lässt sich allerdings in knapp 150 Jahren nicht aus unseren Hunden wieder herauszüchten und so folgen unsere Hunde auch heute ihren genetischen Programmierungen, selbst wenn sie nicht mehr in ihren ursprünglichen Berufen arbeiten. Und auch, wenn sie aus verschiedenen Rassen gemischt sind.
Kann man als Mensch bei einem Rassehundewelpen oft noch ziemlich genau sagen, wie er sich verhaltenstechnisch entwickeln wird, wie er aussehen wird, wenn er erwachsen ist, bis hin zu Körpergröße und mögliches Gewicht, ist dies bei Mischlingswelpen kaum möglich. Wir wissen auch nicht, welche genetisch verankerten Verhaltensweisen bei dem süßen Zwerg durchkommen werden. Der Mischlingshund, der gespuckt wie ein Schäfer aussieht, zeigt dann vielleicht doch ein sehr ausgeprägtes Jagdverhalten, weil der unbekannte Papa und die Großeltern doch auch eine Prise Jagdhunderasse mitvererbt haben.
Dies sollte uns Menschen bewusst sein, wenn wir einen Mischlingshund in unserem Leben aufnehmen. Oftmals ist es wichtig, sich von vorgefertigten Wünschen zu verabschieden, um die Bedürfnisse des Hundes erfüllen zu können. Je weniger festgefahren die eigene Meinung darüber ist, was Hund alles tun, können und lassen sollte, desto zufriedener werden beide Seiten werden.
Mischlingshunde sind gesünder als Rassehunde – sind Mischlinge gesünder als Rassehunde?
Auch wenn der Genpool bei Mischlingen oft größer als bei Rassehunden ist und man daher vermuten könnte, dass durch enge Verpaarung weitergegebene Erkrankungen nicht so weite Verbreitung finden, trifft diese pauschale Aussage leider nicht generell zu. Jeder Mischling trägt die genetischen Anteile seiner Elterntiere (und die seiner weiteren Vorfahren) in sich und damit auch alle Krankheiten, die diese Vorfahren möglicherweise vererben können.
Ein Mischling kann also immer nur so gesund sein, wie seine Vorfahren. Es ist praktisch unmöglich vorherzusagen, welche genetischen Veranlagungen jeweils weitervererbt werden. Auch ist leider nicht auszuschließen, dass der Mischlingshund an einer Erbkrankheit erkrankt, obwohl die Elterntiere völlig gesund waren. Gerade, wenn es keine Informationen bezüglich der Eltern und deren Vorfahren gibt, lässt sich für die Zukunft nicht vorhersagen, ob der Hund gesünder oder krankheitsanfälliger ist als ein reinrassiger Artgenosse.
Mittlerweile belegen auch Studien, dass Mischlingshunde weder öfter noch weniger häufig als Rassehunde bei Tierärztinnen vorstellig werden. Was aber durchaus als richtig angenommen werden muss, ist dass die Rassedisposition für Erkrankungen – also die Möglichkeit an bestimmten Krankheiten im Laufe des Hundelebens zu leiden – bei einigen Rassen höher ist als bei anderen. Und diese Rassedisposition kann natürlich auch an die gemischten Nachkommen weitergegeben werden.
Wir müssen uns also leider vom Mythos des gesunden, immer sehr robusten Mischlingshund verabschieden. Mischlingshunde sind in ihrer Individualität einzigartig, mit all ihren ureigenen Charaktereigenschaften und Wesensmerkmalen.
Zur Autorin:
Als tierschutzqualifizierte Hundetrainerin bietet Margot Wallner seit 2014 Hundetraining und Verhaltensberatung im Raum Wien und Umgebung an. Sie ist spezialisiert auf das Training mit Hunden mit Vergangenheit, Stress- und Aggressionsthematiken.
Margot Wallner ist Vortragende des Wiener Sachkundenachweises. Sie ist aktives Mitglied verschiedener Netzwerke für modernes, bedürfnisorientiertes Hundetraining (VÖHT, Initiative für gewaltfreies Hundetraining, Trainer_innen für Tierschutz).
Am 13. Dezember, gibt Margot Wallner, die Autorin des Textes, im Rahmen der VÖHT-Online-Akademie ein Webinar „Tierschutzhunde – wenn ein Hund mit Koffern einzieht“. Hier die Links zur Teilnahme:
https://www.edudip.market/w/397240 https://www.voeht.at/online-akademie/