Berner Sennenhund sitz am Ufer eines Sees und hält eine Vorderpfote in die Kamera.

Turid Rugaas hat den Begriff der Beschwichtigungssignale geprägt. Der Hund setzt sie ein, um dem Gegenüber zu signalisieren: Ich habe gute Absichten – und du? Zu unterscheiden sind Beschwichtigungssignale per se von solchen, die beschwichtigend eingesetzt werden können.

Kommunizieren unsere Hunde mit Artgenossen, aber auch mit anderen Tieren, Menschen oder sogar Dingen wie Autos, dann setzen sie eine Reihe an (oft übersehenen) Signalen ein, die der Botschaft dienen, dass sie friedliche Absichten haben, zumindest solange dies möglich ist. Eine typische Situation, in der Beschwichtigungssignale eingesetzt werden, stellt eine Hundebegegnung dar. Ein Artgenosse wird sichtbar und plötzlich verlangsamt unser Hund das Tempo, schnuppert sehr interessiert am Wegesrand, blickt in eine andere Richtung oder zurück und geht einen höflichen Bogen. Nichts passiert zufällig in der Hundewelt! Die Tatsache, dass genau jetzt intensiv geschnuppert wird, vielleicht markiert, gezögert, woanders hingeblickt, eine Pfote angehoben – alle diese Verhaltensweisen sind der Botschaft an den herannahenden Hund geschuldet: Ich habe gute Absichten! Zerren wir unsere Hunde nun weiter, nötigen wir sie auch zu einer unfreundlicheren schnellen Annäherung, die eine ganz andere Botschaft aussendet als ein höflicher Bogen, den unsere friedlichen Hunde bei Annäherungen deutlich bevorzugen. So können Hundebegegnungen kippen – einfach, weil der Mensch viele höfliche Signale unbewusst unterbindet.

Ein kleines Mädchen streichelt einen Golden Retriever am Kopf.

Kuscheln ist Vertrauenssache und oft zusätzlicher Stress (verkürzter Blick!). (c) Canva

 

Auch Menschen gegenüber setzen Hunde beschwichtigende Signale ein. Wird ein sensibler Hund mit zu viel Strenge gerufen, geht er oft betont langsam. Vermeintlich wird das als Protest oder mangelnder Wille interpretiert, obwohl der Hund auf die gereizte Stimmung lediglich deeskalierend reagiert und sich dadurch langsam und auf nicht direktem Weg, manchmal auch blinzelnd, gähnend und wegschauend, nähert. Und nein: Gähnen heißt nicht, dass sich der Hund langweilt. Es wird deeskalierend eingesetzt und ist eine freundliche Botschaft, mitnichten eine Kampfansage!

 

Calm down

Verhaltensweisen, die der Hund mit oder ohne beschwichtigende Botschaft zeigt, sind beispielsweise Gähnen, Strecken, Blinzeln usw. Diese Verhaltensweisen können, müssen aber keine friedliche Botschaft beinhalten. Gähnen kann etwa Müdigkeit bedeuten, eine
Übersprunghandlung sein, die dem Zeitgewinn und einer besseren Reaktion zugeschrieben wird, oder eben ein Beschwichtigungssignal. Genauso kann Strecken der
körperlichen Fitness dienen, müde Glieder durchbluten oder eben als Calming Signal eingesetzt werden, damit das Gegenüber merkt, dass gute Absichten vorherrschen, und runterkommen kann. Auch gegenüber Unbelebtem setzen Hunde freundliche Signale ein. Der aufmerksam Beobachtende kann etwa wahrnehmen, dass Hunde bei herannahenden Autos ebenso gähnen, höflich schnuppernd ausweichen oder blinzeln und mit einer Blickverkürzung (Blick ins Leere) reagieren können. Die Botschaft lautet auch hier: Ich bin friedlich.

Dackelwelpen säugen am Muttertier.

Frühkindliche Verhaltensweisen liegen Beschwichtigungssignalen zugrunde. (c) Canva

 

Echte Signale

Drei sogenannte echte Calming Signals haben ihren Ursprung in sozio-infantilen Verhaltensweisen. Sich-klein-Machen, Maulwinkel-Schlecken und Pföteln gelten als echte Beschwichtigungssignale mit ausschließlich friedlichem Botschaftscharakter. Pföteln kommt
vom Milchtritt, der den Milchfluss anregt. Auch später hebt der Hund immer wieder beschwichtigend eine Pfote. Das Lecken oder Maulwinkel-Schlecken setzen Welpen ein, um Futter zu erbetteln. Bei möglicher Gefahr machen sie sich klein und schützen mit rundem Rücken die verletzungsgefährdete Region um Hals und Bauch. Später wird dies ebenso als Signal der Friedlichkeit eingesetzt, um Stress und Konflikt abzuwenden. Der Hund, der sich über Nase und Lefzen schleckt, die Pfote anhebt, sich in Zeitlupe hinlegt und den Bauch herzeigt, signalisiert sehr nett, dass er nicht provozieren will. Leider werden die viel feineren, nur angedeuteten Zeichen viel zu oft übersehen! Würden wir alle unseren Blick
dafür schärfen, ließen sich Stress, Kämpfe, Bissverletzungen und Fehlreaktionen unserer Vierbeiner weitestgehend vermeiden…[vc_text_separator title=“Alltagstipps“]

  • Unsere Hunde wollen uns nie ärgern, sehr wohl aber oft beschwichtigen. Reagiert freundlich!
  • Schlecken, Ducken, Pföteln sind ursprünglich sozio-infantile Verhaltensweisen, die als echte
    Calming Signals gelten.
  • Hunde machen nichts einfach so: Achtet auf Verlangsamung, Zögern, Bogen-Gehen etc.
  • Blinzeln, Kopfabwenden, verkürzter Blick o. Ä. – gebt Zeit, Raum und nehmt den Druck raus!

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