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Barfen ist zur Zeit in aller Hundefreunde Munde – und somit auch bereits in vieler Vierbeiner Mäuler.
Kein Wunder. Schließlich ist diese Art der Fütterung der Ernährung des Wolfes nachempfunden und verspricht so auch, die natürlichste für unsere Lieblinge zu sein.
Barfen ist Trend. Zu Recht. Aber warum? Was füttert man nun wirklich? Schaffe ich es, der Nährstoffversorgung meines Hundes nachzukommen? Wie viel Fleisch muss ich auf Vorrat lagern? Wir haben im Interview mit Ernährungsexpertin Christine Iben von der Veterinärmedizinischen Universität nachgefragt und Interessantes dazu erfahren.
Hundezeitung: Was bedeutet Barfen genau? Also darf wirklich nur roh gefüttert werden oder ist auch die ein oder andere gekochte Speise zulässig (wie etwa die Beigabe von gekochtem Gemüse, Obst, …)?
Christine Iben: Diese Art der Fütterung wurde von dem australischen Tierarzt Ian Billinghurst bereits in den 1990ern empfohlen (BARF = bone and raw food oder biologically appropriate raw foods). Im ursprünglichen Sinn verstand man darunter die Gabe von rohem Fleisch und Innereien, Knochen und rohem Gemüse ohne Getreide. Heute kann man im Internet Rezepturen mit oder ohne kohlenhydratreiche Nahrungsmittel wie zum Beispiel Haferflocken finden.
Viele Hundebesitzer haben eine gewisse Berührungsangst bzw. trauen sich nicht, ihren Hund zu barfen aus Angst davor, ihn nicht ausreichend mit allen wichtigen Nährstoffen versorgen zu können. Wie sieht es mit der Nährstoffabdeckung aus? Ist es schwierig, diese zu erfüllen?
Die Angst, den Hund nicht ausreichend mit allen Nährstoffen zu versorgen ist berechtigt, Untersuchungen zeigen, dass BARF-Rationen häufig mehr oder weniger große Imbalanzen aufweisen. Hierbei kann eine professionelle Diätberatung Hilfe bieten.
Innerhalb welches Zeitraumes muss ich meinem Hund die notwendigen Nährstoffe zuführen? Muss er zum Beispiel jeden Tag alles, was er braucht, bekommen oder innerhalb einer Woche?
Dies ist vom Nährstoff abhängig – liegen Speicher im Körper vor (wie zum Beispiel für Vitamin A), können oft Monate oder Jahre vergehen, bis ein Mangel beim erwachsenen Tier sichtbar wird. Werden alle notwendigen Nährstoffe innerhalb einer Woche zugeführt, ist das allemal ausreichend. Allerdings sollten zum Beispiel bei der Gabe von Knochen zur Mineralstoffversorgung keine zu großen Mengen gegeben werden, da es zu schweren Verstopfungen kommen kann. Hierbei ist die tägliche Zufuhr von etwa 1 g Knochen/kg Körpergewicht und Tag für einen erwachsenen Hund ausreichend und in diesen Mengen werden Knochen meist auch gut vertragen. Beim wachsenden Tier zeigen sich Mängel wesentlich schneller, abhängig vom fehlenden Nährstoff und dem Alter des Tieres innerhalb von Tagen oder wenigen Wochen und eine tägliche Versorgung mit bestimmten Nährstoffen sollte gewährleitet sein.
Kann ich grundsätzlich bei jedem Hund jederzeit (und in jedem Alter) mit dem Barfen beginnen? Und ist davor immer ein Check beim Tierarzt nötig?
Gesunde erwachsene Hunde können jederzeit auf eine andere Art der Fütterung umgestellt werden. Der Besitzer oder die Besitzerin sieht kurzfristig an der Kotbeschaffenheit, ob das Futter vertragen wird. Bei wachsenden oder alten Hunden würde ich vor einer Umstellung auf Rohfütterung abraten – abgesehen von den hygienischen Aspekten – bei wachsenden Hunden wegen möglicher Nährstoffmängel oder -überversorgungen, beim alten Hund wegen des in BARF-Rationen meist vorhandenen hohen Eiweißgehaltes, durch dessen Abbauprodukte Leber und Niere zusätzlich belastet werden.
Wie ratsam oder sinnvoll ist es, beim Füttern zu mischen? Z.B. morgens zu barfen und abends (oder auch nur ab und an) Trockenfutter zu geben?
Dies kann man machen wie man will, solange der Hund beides frisst und verträgt können durchaus verschiedene Futterarten angeboten werden.
Was ist bei der Lagerung bzw. Kühlung des Fleisches zu beachten? Ist es sehr problematisch, wenn z.B. die Kühlkette unterbrochen wird (beim Transport nach Hause, wenn es in den Urlaub geht, …)? Können gewisse Keime dem Hund gefährlich werden?
Die Verwendung von rohem Fleisch birgt immer ein erhöhtes hygienisches Risiko, weshalb in vielen Vereinen für Therapiehunde Rohfütterung verboten ist. Der Grund hierfür ist, dass Hunde, die Rohfleisch erhalten, häufiger Salmonellenausscheider sind als Hunde, die kommerzielles Futter bekommen. Dies sollte auch in Haushalten mit Kleinkindern, kranken oder sehr alten Menschen bedacht werden. Lebensmittelpathogene Keime wie Salmonellen schaden dem Hund meist nicht, für ihn aber können z.B. Viren (Aujeszky-Virus) oder auch Parasiten gefährlich werden. Besonders risikoreich ist Wildschweinfleisch.
Ist das Fleisch nach Unterbrechung der Kühlkette verdorben bzw. besteht der Verdacht, dass es verdorben sein könnte, ist es auch für den Hund nicht mehr geeignet. Prinzipiell gelten dieselben Maßnahmen und Kriterien wie für Fleisch, das für den menschlichen Verzehr bestimmt ist.
Was ist bei der Herkunft des Fleisches zu beachten? Auch in Hinsicht auf Unverträglichkeiten und Allergien beim Hund?
Für gesunde Hunde sollten herkömmliche Fleischsorten verwendet werden um – sollte das Tier doch an einer Futtermittelallergie erkranken – exotische Fleischsorten, die der Hund noch nie bekommen hat, zur Verfügung zu haben.
Was sind die größten Vorteile des Barfens für den Hund? Kann ich z.B. gewissen Krankheiten vorbeugen oder sie damit auch heilen?
Als Vorteil kann für den Hund die abwechslungsreichere Rationsgestaltung gesehen werden. Manchmal hilft eine Futterumstellung ganz allgemein bei Futterunverträglichkeiten/Futtermittelallergien, die Haut- und/oder Magen-Darmerkrankungen verursachen. Dies kann oft aber auch durch Umstellung auf ein anderes kommerzielles Futter oder auf gekochte hausgemachte Diäten erreicht werden.
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Ao. Univ.-Prof. Dr. med. vet. Christine Iben Dipl. ECVCN, Vorsitzende der Prüfungskommission FTA Tierernährung und Diätetik, Vorsitzende des Examination Board des ECVCN, Mitglied des Boards der Gesellschaft für Ernährungsphysiologie, Vorsitzende der Sektion Tierzucht/Tierernährung der ÖGT.
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