Ein geliebtes Familienmitglied zu verlieren schmerzt und es fällt einem sehr schwer die Trauer um den Hund zu bewältigen. Vor allem weil starke Trauer um ein Tier von der Gesellschaft selten auf Verständnis stößt.
Nicht nur Hunde trauern um ihr Herrchen oder Frauchen, sondern auch Menschen müssen die Trauer um ihren Hund bewältigen. Dr. Eva Dempewolf ist eine anerkannte Expertin bei Trauerbewältigung und Verlustverarbeitung. In ihrem Buch “Abschied nehmen – Trauer um ein geliebtes Tier” beschäftigt sie sich genau damit wie man die Trauer um den Hund am besten bewältigt. Wir haben sie dazu interviewt.
Gibt es einen Unterschied bei der Trauerbegleitung von Mensch oder Tier?
Dr. Dempewolf: Ja – und nein. Im Wesentlichen geht es ja immer darum, dass jemand, der einen schweren Verlust erlitten hat, in seinem Leid ernstgenommen werden will. Das Problem bei der Trauer um ein verstorbenes Tier ist, dass genau dies häufig auf der Strecke bleibt.Nur zu oft bekommen Betroffene Kommentare wie „Es war doch nur ein Hund“, „Hol dir doch einen neuen aus dem Tierheim“ o.ä. zu hören. Dahinter steht die leider noch immer weit verbreitete Denkweise, Tiere seien relativ einfach zu ersetzen. Dem möchte ich entgegenhalten, dass es in beiden Fällen um den Verlust einer Beziehung geht.
Um sich lösen zu können, braucht Trauer Zeit und Raum. Dieser Raum wird in unserem Fall oftmals nicht gegeben, denn wer wirklich stark um ein Tier trauert, verstößt in gewisser Weise gegen die Normen unserer Leistungsgesellschaft. Außenstehende können oft nicht nachvollziehen, dass der Verlust eines vierbeinigen Gefährten jemandem so nahe geht, dass darüber alles freud- und sinnlos erscheint. Und das wiederum kann dazu führen, dass Menschen, deren geliebter Vierbeiner verstorben ist, quasi doppelt leiden: zum einen unter dem konkreten Verlust, darüber hinaus aber auch noch darunter, dass sie ihrem Kummer und Schmerz nicht öffentlich Ausdruck geben können.
Hilfreiche Trauerbegleitung betrachtet den Schmerz um einen Verlust unabhängig von den äußeren Faktoren. Leid wird immer subjektiv empfunden, es gibt keinen objektiven Maßstab für Verzweiflung und Kummer, und niemand sollte sich anmaßen darüber zu urteilen, wer wie sehr um wen trauern darf.
Wie nimmt man richtig Abschied? Gibt es da vielleicht Schritte, die man der Reihe nach gehen sollte? Gibt es “Fehler” bei der Verlustverarbeitung?
„Richtig“ oder „falsch“ gibt es meines Erachtens so nicht. Bekannt sind ja mehrere sogenannte Trauerphasen-Modelle, etwa das der Schweizer Psychoanalytikerin Verena Kast. In Anlehnung an die von ihr genannten vier Phasen, denen jeweils bestimmte Aufgaben zugeordnet werden, unterscheide ich: Verzweiflung/Nicht-wahrhaben-Wollen, Aufbrechende Gefühle (Trauer, Wut, Ohnmacht, Schuld …), Akzeptanz und Neuer Selbst- und Weltbezug. Die Unterteilung in Phasen bzw. Aufgaben darf jedoch keinesfalls dazu verführen zu glauben, wir könnten diese einfach der Reihe nach abarbeiten, und dann sei alles gut. Trauer kommt in Wellen. Sie verläuft niemals linear, sondern sozusagen zirkulär: Wir durchlaufen die einzelnen Abschnitte mehrfach, in unterschiedlichen Ausprägungen und unterschiedlicher Intensität (die auch nicht linear abnimmt). Man kann sich das so vorstellen, wie wenn man einen Berg besteigt, indem man ihn, stetig aufwärts gehend, umrundet. Man kommt immer wieder an fast dieselbe Stelle mit vermeintlich demselben Ausblick und fast denselben Gefühlen. Aber eben nur fast, denn man hat sich ja durchaus ein Stück aufwärts bewegt. Dabei ist professionelle Begleitung, die den schweren Weg stückweise mitgeht und auf die Fortschritte hinweist, natürlich hilfreich.
Zudem darf man nie vergessen, dass jede Trauer ganz individuell ist. Das gilt übrigens auch für Menschen, die um denselben verstorbenen Hund vielleicht gleichermaßen trauern, dies aber höchst unterschiedlich zum Ausdruck bringen. Der eine will möglicherweise ständig darüber reden und überall Fotos aufstellen, während der andere jede sichtbare Erinnerung als schmerzhafte Überforderung erlebt.
Teilen Sie – und das gilt für jede Art von Trauer – Ihnen nahestehenden Menschen offen mit, was Ihnen Ihrer Ansicht nach jetzt gut tun würde. (Und das kann morgen, aber auch in einer Stunde schon wieder etwas ganz anderes sein – Stimmungsschwankungen gehören zum Trauerbewältigungsprozess dazu!)
Vertrauen Sie Ihrem Unbewussten, akzeptieren Sie Gefühlsschwankungen als normal. Und vor allem: Haben Sie Geduld mit sich. In einer Trauergruppe entstand das Gedicht:
“Zeit
allein heilt
gar nichts. Doch
jede Heilung braucht ihre
Zeit.”
Was gehört am Umfeld noch geändert, um Trauer um Hunde auch gesellschaftlich möglich zu machen?
Eine ebenso wichtige wie schwierige Frage. Meinem Eindruck nach hat sich in den letzten Jahren immerhin bereits viel verändert – nicht zuletzt auch dank zunehmend offeneren Umgangs mit dem Thema Tod und Sterben allgemein. Die diesbezügliche Literatur auch zum Thema „Tiertrauer“ wächst beständig, und im Internet finden sich vielfältige Angebote, wobei ich persönlich ein wenig skeptisch bin, was die Flut esoterischer Ansätze wie etwa telepathische Kommunikation mit Tieren angeht. Gleichzeitig weiß ich, dass entsprechende Sitzungen einigen Menschen geholfen haben, über die schwerste Zeit hinwegzukommen.
Generell möchte ich alle Betroffenen ermutigen, einerseits offen mit ihrem Kummer umzugehen, gleichzeitig aber Trost nicht an der falschen Stelle zu suchen. Wer ein Tier verloren hat, kann nicht von vielen Menschen Verständnis erwarten. Enttäuschungen und zusätzlicher Kummer lassen sich ersparen, wenn man über seine Gefühle ausschließlich mit Menschen spricht, von denen man meint, dass sie die Verzweiflung, den Schmerz und das Leid zumindest ansatzweise nachvollziehen können.Mehr über Dr. Eva Dempewolf auf www.mehr-kompetenzen.de
Eva Dempewolf
Abschied nehmen – Trauer um ein geliebtes Tier
Ein Begleit- und Praxisbuch
Broschur, 218 Seiten
ISBN: 978-3-95693-012-6
Preis: 14,00€