Norwegen: Gericht erlässt Zuchverbot für zwei Hunderassen

by StefanC
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In Norwegen erließ das Bezirksgericht Oslo ein Zuchtverbot für die Englische Bulldogge und den Cavalier King Charles Spaniel. Als Begründung gab man einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz an, es liege Qualzucht vor. Zuchtvereine fechten das Urteil nun an – denn das Gesetz betreffe nur seriöse Zucht.

Schon seit vielen Jahren ist die Debatte um Qualzucht ein heiß umstrittenes Thema. Denn gerade brachycephale Rassen wie der Mops, die Französische Bulldogge und die Englische Bulldogge leiden immer öfter unter schweren Atembeschwerden. Gerade Hunde solcher Rassen, die aus skrupellosen Welpenfabriken und von geldgierigen Vermehrern stammen, sind besonders schlimm betroffen. Das Tierschutzgesetz verbietet sowohl in Österreich als auch Deutschland bereits seit Jahren „Züchtungen […], bei denen vorhersehbar ist, dass sie für das Tier oder dessen Nachkommen mit Schmerzen, Leiden, Schäden oder Angst verbunden sind“ (Österr. Tierschutzgesetz, Paragraf 5 Absatz 2). Auch in Norwegen existieren ähnliche Paragrafen. Und deswegen entschied nun ein Bezirksgericht in der norwegischen Hauptstadt Oslo, ein Zuchtverbot für zwei Hunderassen auszusprechen.

Große Kontroverse

Zu dem seit 2018 laufenden Gerichtsverfahren kam es, weil die Tierschutzorganisation NSPCA (Norwegian Society for the Prevention of Cruelty to Animals) den Norwegian Kennel Klub (NKK) verklagte. Denn dieser verstoße mit der Zucht der Englischen Bulldogge und dem Cavalier King Charles Spaniel gegen den Qualzucht-Paragrafen 25 des norwegischen Tierschutzgesetzes. Laut PETA ist die Englische Bulldogge von Brachycephalie und in weiterer Folge von schweren Atembeschwerden betroffen. Die vielen Hautfalten begünstigen Hitzschlag und Entzündungen, und ein Großteil der Welpen können nur per Kaiserschnitt das Licht der Welt erblicken, da ihre großen Köpfe nicht durch den Geburtskanal des Muttertieres passen.

Der Cavalier King Charles Spaniel leidet ebenfalls unter einer Myriade von Erbkrankheiten, u.a. Augenkrankheiten, neurologischen Störungen wie dem Episodic Falling Syndrome (EFS), Endokardiose, Patellaluxationen und Allergien. Die NSPCA argumentierte, dass diese beiden Hunderassen mit momentanen Zuchtstandards keinen gesunden Nachwuchs produzieren können. Demnach müsse ihre Zucht als Qualzucht gelten und verboten werden. In einem aufsehenerregenden Urteil stimmte das Bezirksgericht Oslo im Februar 2022 zu – und erließ ein Zuchtverbot.

Gespaltene Gemüter

Bis auf Weiteres ist damit die offizielle Zucht dieser beiden Hunderassen in Norwegen verboten. Die Hunde können natürlich weiterhin gehalten und auch ausgestellt werden. Zudem darf die Zucht dieser Rassen unter der Bedingung erfolgen, dass bekannte Gesundheitsprobleme bekämpft werden, beispielsweise durch Einkreuzungsprogramme. Die NSPCA erhoffen sich durch dieses Urteil eine Verbesserung der allgemeinen Gesundheit dieser Rassen. Sie wünschen sich, dass ähnliche Gerichtsurteile auch in anderen Ländern der EU der Qualzucht einen Riegel vorschieben. „Die vom Menschen verursachten Gesundheitsprobleme der Bulldogge sind seit Anfang des 20. Jahrhunderts bekannt. Dieses Urteil ist daher seit vielen Jahren überfällig“, erklärt Ashild Roaldset von der NSPCA.

Der NKK und in weiterer Folge auch der internationale Dachverband für Hundezucht, die FCI, sind jedoch skeptisch. Tatsächlich hat der NKK bereits Berufung gegen das Urteil eingelegt und will die Entscheidung anfechten. Denn das Zuchtverbot betreffe nur offizielle Hundezuchten, die eine seriöse, kontrollierte und verantwortungsvolle Arbeit mit der Rasse vorhaben. Währenddessen können unerfahrene Laienzüchter, Hundeschmuggler und Vermehrer, die überhaupt keiner Form von Kontrolle oder Dokumentation unterliegen, weiterhin ohne Rücksicht auf die Gesundheit der Tiere die vorhandene Nachfrage nach diesen Rassehunden abdecken. Tom Øystein Martinsen vom NKK erklärte: „Für das Wohl der Hunde können wir diese Entscheidung nicht vor einer höheren Instanz unangefochten lassen.“ Auch die FCI versprach dem NKK in einem Statement ihre volle Unterstützung, um „geliebte Hunderassen zu erhalten, die […] einen essentiellen Teil des nationalen Kulturerbes von Großbritannien darstellen“.

Für eine bessere Zukunft der Hunde

Ob die Berufung erfolgreich sein wird oder das Bezirksgericht seine Entscheidung beibehält, wird allein die Zukunft zeigen. Laut FCI befindet sich auch das 60 Seiten lange Gerichtsurteil über das Zuchtverbot in Norwegen momentan erst in der Übersetzung. Dennoch schlägt das norwegische Urteil schon jetzt hohe Wellen in der Hundewelt. Jetzt wird die uralte Debatte um Veränderung oder Erhalt wieder neu entfacht, die man bereits seit Jahrzehntes leidenschaftlich führt.

Auf der einen Seite sieht man die jahrhundertelange Arbeit an einer traditionellen Hunderasse gefährdet und einen unfairen Vorteil für unseriöse und skrupellose Vermehrer. Auf der anderen Seite jedoch frohlockt man über die Aussicht auf ein bereits sehnlich herbeigesehntes Umdenken in der Hundezucht, die statt äußerer Merkmale die Gesundheit der Tiere begünstigt. Züchter, Hundefreunde und Hundebesitzer finden sich auf beiden Seiten – und fest steht, dass jeder auf seine Weise das Beste für unsere vierbeinigen Lieblinge will. Spannende Updates zu dem Gerichtsurteil und der Thematik im Allgemeinen werden erfolgen.

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