Studie: Tierärzte leben mit erhöhter Gefahr für Suizid

by StefanC
Ein Tierarzt betreut einen liegenden Hund.

Wie eine Studie aus Deutschland belegt, ist gerade in der Berufsgruppe der Tierärzte und Veterinärmediziner das Risiko eines Suizid besonders hoch. Unregelmäßige und lange Arbeitszeiten sowie eine große emotionale Belastung können dazu beitragen, eine Depressionsspirale zu entwickeln.

Der Berufswunsch Veterinärmediziner taucht gerade bei vielen Kindern häufig auf. Jeden Tag zahllose Hunde und Katzen streicheln, einem süßen Pferdefohlen bei der Geburt helfen und fiepsende Meerschweinchen impfen – kaum ein anderer Job ist so romantisiert wie der des Tierarztes. Doch die Realität dieses knallharten und oftmals belastenden Berufs sieht ganz anders aus. In einer Studie der Freien Universität Berlin und der Universität Leipzig aus dem Mai 2020 wurde deshalb die mentale Gesundheit von über dreitausend Tierärzten und Tierärztinnen untersucht. Im Zuge einer Befragung zu ihrem seelischen Gleichgewicht gaben überraschend viele Veterinärmediziner an, dass sie bereits über Suizid nachgedacht hätten. Fast 20 Prozent der Befragten berichteten über wiederkehrende Gedanken über Selbstmord. Knapp ein Drittel der Tierärzte leidet unter beruflichen Bedingungen, die das Risiko eines Suizids erhöhen. Bereits zuvor hatten ähnliche Studien erwiesen, dass humanmedizinische Berufsgruppen, allen voran Zahnärzte, ähnlich hohe Suizidraten aufwiesen.

Hoher Druck und viele Stunden

Doch woran liegt es, dass Veterinärmediziner eine erhöhte Gefahr für Suizid aufweisen? Das lasse sich nicht so einfach sagen, so Mitautorin der Studie, Heide Glaesmer, zur TAZ. „Dass sich die Wissenschaft hierzulande bislang nicht mit der Suizidalität unter Tier­ärz­t*in­nen beschäftigt hat, hat einen Grund. Anders als in anderen Ländern wird der Beruf der Verstorbenen in der Suizidstatistik in Deutschland nicht erfasst.“ Dabei leiden fast dreißig Prozent der Befragten unter Depressionssymptomen. Ein immer wiederkehrender Faktor, der gemeinsam mit verminderter mentaler Gesundheit einhergeht, ist Erschöpfung. Tierärzte und Tierärztinnen haben lange Arbeitszeiten mit Nacht- und Wochenenddiensten. Ihre seltene Freizeit reicht da oftmals nicht aus, um den mentalen Erholungsprozess in Gang zu bringen. Die soziale Isolation in der Praxis oder auf langen Autofahrten und Zeit, die nicht mit Freunden und Familie verbracht wird, verlangen irgendwann ihren Preis.

Emotional belastende Arbeit

Außerdem sind Veterinärmediziner im Gegensatz zu Humanmedizinern öfter mit Todesfällen konfrontiert, da sie regelmäßig Tiere einschläfern müssen. Die emotionale Last dieser schrecklichsten Momente im Leben eines jeden Tierhalters kann sich rasch akkumulieren. Auch das Gefühl der Hilfslosigkeit, wenn ein Tier wegen Geldmangel nicht gerettet werden kann, kann zu einem erhöhten Risiko eines Suizids beitragen. Tiere sind selten krankenversichert, und Halter müssen die Behandlungskosten meist aus eigener Tasche bezahlen. Für die oftmals hohen Geldbeträge haben diese nicht immer Verständnis und richten ihren Zorn dann auf die Tierärzte. Unbegründete Vorwürfe der Geldgierigkeit und Herzlosigkeit belasten die Tierärzte weiter. Des Weiteren erhalten in einer Praxis angestellte Tierärzte und Tierärztinnen meist kein als angemessen empfundenes Gehalt. Denn das Studium ist lang und aufwendig, und wenn der knallharte Vollzeitjob dann schlecht entlohnt wird, birgt dies zusätzliches Frustrationspotential.

Suizid durch Überdosis

Ein weiterer Risikofaktor, der die Gefahr eines Suizids oder Suizidversuchs erhöht, ist der freie Zugang zu Medikamenten mit tödlicher Wirkung. Wie Humanmediziner wissen auch Veterinärmediziner genau, welche Substanzen sie in welcher Dosis einnehmen müssen, um den Freitod herbeizuführen. Da ihnen diese Mittel jederzeit zur Verfügung stehen, kann der Versuchung in einem schwachen Moment manchmal zu wenig entgegenstehen. Andere Studien haben belegt, dass Mediziner überzufällig oft an einer medikamentösen Überdosis versterben. In Anberacht dieser geballten Anzahl an Risikofaktoren kann man die traurigen Ergebnisse der Studien besser verstehen – und vielleicht sogar vermindern.

Gegenmaßnahmen geplant

In Deutschland soll es nun vermehrte Bemühungen geben, Suizidprävention speziell für Veterinärmediziner anzubieten. Neben einer Informationswebseite mit Hilfsangeboten soll auch im Zuge des Studiums ein größeres Augenmerk auf die Balance der mentalen Gesundheit gelegt werden. Bisher war ein solches Kursangebot nur als freies Wahlfach wählbar, nun soll es aber verpflichtend werden. Auch das Aushandeln besserer Gehaltsbedingungen für Angestellte einer Tierarztpraxis kann die Gesamtbelastung der Veterinärmediziner schmälern. Außerdem wünschen sich viele Tierärzte und Tierärztinnen eine verpflichtende Krankenversicherung für Tierhalter. Denn nur mit abgedeckten Behandlungskosten können sie tun, was sie am besten machen – Tieren in Not zu helfen.

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