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Trend- und Zukunftsforscher Matthias Horx im Gespräch über Hunde als Prestigesymbol und Schweine als Haustiere.
Was bedeuten Ihnen Hunde?
Horx: Hunde sind, glaube ich, für Menschen unverbrüchliche Beziehungspartner, deshalb sind sie so beliebt. Menschliche Beziehungen sind inzwischen so unsicher, und die Mensch-Hund-Beziehung ist ein uraltes, archaisch und evolutionär gewachsenes Miteinander. Der Hund repräsentiert das Tierreich und damit die Natur. Er ist aus heutiger Sicht ein Zwischenwesen – nicht das wilde, sondern ein vom Menschen gezüchtetes Tier.
Wie sind Sie selbst auf den Hund gekommen?
Horx: Unser Sohn Julian hatte die dringende Idee, dass wir einen Familienhund brauchten. Und so machten wir uns auf die Suche im Internet, wo einem unfassbar niedliche Welpen aus Tierheimen in die Augen blicken – unwiderstehlich. Meine Frau ist auf einer Farm aufgewachsen. Da war der Name Bubbles einlogischer Schritt für uns. Der Hund ist für mich aber nicht nur als Familienmitglied spannend. Die Psychologie von Hundehaltern ist auch äußerst interessant. Der Hund dient inzwischen ja auch dem gesellschaftlichen Prestige. Nehmen Sie die „Kampfhunde“ her, als Machtsymbol, um sich abzugrenzen, oder auch die „Schoßhunde“, die zum Beispiel das kindliche Bedürfnis des Kuschelns er-füllen, aber auch gerne vorgezeigt werden. Bezeichnend ist auch, wo sich die Menschen ihre Hunde herholen. So kann generell davon ausgegangen werden, dass derjenige, der beim Züchter kauft, eher auf Ästhetik achtet und den Charakter bestimmbar haben möchte. Der Tierheim-Käufer wird wohl eher aus humanistischen Gründen dort seinen Vierbeineraussuchen – will wahrscheinlich einen Hund „erlösen“. Durchschnittlich wird der Tierheim-Kunde auch eher fremden-freundlich sein und mit Problemen in der Aufzucht seines Hundes rechnen. Der Hund bedeutet für die Menschengenerell „domestizierte Natur“ – seine Beziehung zu ihm ist wie zu einem „Botschafter der Natur“. Zähmbare Natur eben. Aber diese Erwartungshaltung führt oft leider auch zur Überforderung des Hundes. Man projiziert sehr viel in Hunde, auch sehr viel Menschliches. Das sollte man im Griff haben.
Darf Bubbles auf die Couch?
Horx: Natürlich nicht … am Anfang. Aber mit der Zeit setzt sich wie bei den meisten der Hund durch. Wenn der Hund nicht das macht, was er soll, dann ist das auch eine echte Beziehung. Oder machen Ihre Kinder immer das, was sie sollen? (Hier verzichtet der Autor schmunzelnd
in Hinblick auf seine Kinder UND seine
Hunde auf eine Antwort.)
Was bringt uns die Zukunft?
Horx: Die Zukunft an sich ist keine Servicestelle, wo man was bestellen kann. Sie „entwickelt“ sich ja aus unseren Gegenwarten und Entscheidungen. Sie existiert als solches ja nicht. Sobald wir sie erreichen, löst sie sich ja in die Gegenwart auf. Die Zukunft ist eine Phantasie. Als solche kann sie allerdings nützlich sein, uns anleiten und inspirieren …Ukraine-Krieg, Energiekrise, Teuerung, Corona – die Leute haben immer mehr Angst vor der Zukunft. Was ist Ihre Antwort für die, die sich vor der Zukunft fürchten?
Horx: Angst ist ja etwas Sinnvolles, sie soll uns auf Gefahren hinweisen. Allerdings kann man sich in ihr auch verstricken. Es ist wichtig, Angst als einen Impuls zum Wandel zu verstehen, nicht als Welt-Beschreibung.
Werden irgendwann Roboterhunde unsere Hunde ersetzen?
Horx: Aus meiner Sicht definitiv NEIN. Roboterhunde sind eher im Bereich
Spielzeug einzuordnen. Als Hundebesitzer sehen wir in unseren Vierbeinern eine Seele und Bewusstsein. Da kann der Roboter nicht mit. Wir würden uns förmlich betrogen fühlen von der kalten Maschine. Mit ihr können wir keine Beziehung führen – die Maschine hat keine Wahrnehmung. Anders könnte es nur in Kulturen sein, die eine andere Auffassung der unbelebten Welt haben. Asiatische Kulturen haben eine animistische Tradition, da haben auch Gegenstände eine Seele, und dort sieht man Roboter auch ganz anders.
Was bringt die Zukunft für die Hundebesitzer:innen? Was für Hunde?
Horx: Haustiere erfahren ja bereits einen gewaltigen Boom – beschleunigt durch die Disruption mit Corona. In vielen Fällen haben sich die Menschen einen Hund genommen, gegen die schleichende Vereinsamung. Der Hund hilft den meisten auch bei der verzweifelten Suche nach Naturkontakt. Und er hält Familien zusammen. Dieser Trend wird sich sicher noch weiter fortsetzen. Aber es werden sich auch neue Fragen stellen. Zum Bei-
spiel: Kann ich den Hund vegan ernähren? Oder: Wie umweltschädlich ist der Hund? Der Hund tritt auch in Konkurrenz zu „neuen Haustieren“. Er wird vielleicht Konkurrenz vom Schwein bekommen. Schweine sind ebenfalls süß und intelligent. Und Hühner sind momentan auch ein richtiger Kult … und keine Fleischesser …
Wird das Schwein der neue Hund?
Horx: Das sicher nicht. Der Hund ist archaisch tief in unserer Kultur verankert – ist de facto eine humanoide Sekundärspezies. Er organisiert den Haushalt und verbindet die Menschen, die im Haushalt zusammenleben. Aber das Schwein kann in Zukunft als Haustier vielleicht ebenfalls reüssieren, jedenfalls wenn man einen Garten hat.
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Studie: Sind Schweine selbstständiger als Hunde?
Sind Hunde besser als Menschen?