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Bei progressiver Retinaatrophie (auch als PRA abegkürzt) handelt es sich um eine erblich bedingte Augenkrankheit, die graduell zum Absterben der Netzhaut führt. Betroffene Hunde erblinden über einen längeren Zeitraum an beiden Augen. Therapiemöglichkeiten gibt es nicht – deswegen sind Gen-Tests in der Hundezucht besonders wichtig.
Für viele HundebesitzerInnen sind die ersten Anzeichen einer beginnenden Erblindung ein Schock: Wie soll es nun weitergehen? Und was hat man bloß falsch gemacht? Doch nicht immer führen Verletzungen oder falscher Lebenswandel zu Augenerkrankungen. Leider ist die Ursache für den Sehverlust manchmal schon bei der Geburt des Welpen in dessen Genen einprogrammiert. Unter progressiver Retinaatrophie (PRA) ist eine Gruppe solcher genbedingter Augenerkrankungen zusammengefasst, die leider bei betroffenen Tieren (Hund und Katze) zu vollkommener Blindheit führen.
Ursache der PRA
Wie bereits erwähnt gibt es für die progressive Retinaatrophie keine externen Ursachen. Diese Augenkrankheiten sind im Erbgut der betroffenen Tiere angelegt und können, je nach Art der Erkrankung, bereits so früh wie im Welpenalter auftreten. Bei Hunden findet man diese Krankheit im Genpool vieler Hunderassen vor, bei Katzen sind hauptsächlich die Rassen Somali und Abessinier betroffen. In den meisten Fällen handelt es sich um ein autosomal-rezessiv vererbtes Gen, welches PRA hervorrufen kann. Das bedeutet, dass ein Welpe nicht unbedingt an PRA erkranken muss, wenn ein Elternteil Träger des Gens ist.
Bei Mastiffs jedoch wird das Gen dominant vererbt, und beim Sibirischen Husky und dem Border Collie ist das Gen an das X-Chromosom gebunden. Die unterschiedlichen Arten des Gen, welches die PRA in sich trägt, macht die Erforschung und Entwicklung eines Gen-Tests schwierig. Für die Hunderassen Irish Setter, Welsh Corgi Pembroke, Sloughi, Bullterrier, Mastiff und Bullmastiff gibt es aber bereits funktionierende Test-Kits. Daher sollten seriöse ZüchterInnen dieser Hunderassen immer ein Zeugnis vorlegen können, ob die Elterntiere Genträger sind oder nicht.
Krankheitsverlauf
Die progressive Retinaatrophie betrifft, wie der Name schon ahnen lässt, die Netzhaut (Retina) des Augapfels. Die Netzhaut bildet die innerste Schicht des Augenhintergrundes, in welcher die für das Augenlicht unabdingbaren Sehzellen, die Stäbchen und Zapfen, eingebettet sind. Stäbchen sind auf die optische Unterscheidung zwischen hell und dunkel (Nachtsehen) zuständig, und dank der Zapfen lassen sich Farben unterschieden (Tagsehen). Bei PRA beginnt diese Retina und die darin eingebetteten Sehzellen abzusterben, sobald das Gen ausgelöst wird. Dies markiert den Beginn einer langsam fortschreitenden, vollständigen Blindheit. In den meisten Fällen degenerieren zuerst die Stäbchen, was zur nächtlichen Erblindung führt. Danach verfallen auch die Zapfen, und auch tagsüber können betroffene Hunde nicht mehr sehen.
Erste Anzeichen und Symptome
Da die progressive Retinaatrophie nur langsam voranschreitet, wird sie meist erst sehr spät diagnostiziert. Erste Anzeichen treten üblicherweise zwischen dem ersten und sechsten Lebensjahr auf und umfassen erst nur die typische Nachtblindheit. Das bedeutet, dass sich die Hunde besonders in der Nacht sehr vorsichtig und unsicher bewegen. Zusätzlich können auch Linsentrübungen (auch Katarakte oder grauer Star genannt) im Augapfel auftreten. Danach leidet auch die Sehfähigkeit der Hunde tagsüber, und schlussendlich erblinden sie vollkommen auf beiden Augen. Denn leider betrifft PRA immer beide Augäpfel. Mittels eines Elektroretinographie (ERG) können Veränderungen in der Netzhaut am besten registriert werden. Dabei wird das elektrische Potential der neuronalen Impulse der Sehzellen gemessen und so festgestellt, ob diese noch funktionieren.
Prognose: Ist progressive Retinaatrophie das Ende?
Leider gibt es keine Möglichkeit, progressive Retinaatrophie zu heilen oder das Augenlicht erkrankter Hunde zu retten. Um gegen diese Augenerkrankungen vorzugehen, ist es daher von immenser Wichtigkeit, möglichst viele Zuchttiere einem Gentest zu unterziehen – natürlich sofern dieser für die Rasse verfügbar ist. Nur so kann man dafür sorgen, dass PRA seltener und seltener auftreten kann.
Dennoch bedeutet vollständige Erblindung nicht das Ende der Welt! Auch erblindete Hunde können ein erfülltes und glückliches Leben führen, wenn man auf ihre visuellen Einschränkungen achtet. Als Blindenführmensch muss man daher vermehrt auf die besonderen Bedürfnisse der Tiere eingehen und sie beispielsweise kürzer an die Leine nehmen und vor Hindernissen warnen. Am wichtigsten für blinde Hund ist Stabilität – das bedeutet, dass man möglichst keine Umgestaltung der Zimmer oder Möbel vornehmen sollte. Denn gerade in den eigenen vier Wänden finden sich auch Hunde ohne Augenlicht erstaunlich gut zurecht. Auch das Spielen mit anderen Hunden ist weiterhin möglich – solange die anderen Hunde Rücksicht nehmen und der eigene Vierbeiner sichtbar Spaß an der Interaktion hat.