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Die Fälle von Giftköderattacken auf Hunde scheinen sich zu häufen. Ein vermeintliches Leckerli kann den Hund das Leben kosten. Für den Besitzer der reinste Albtraum – schnelles Handeln entscheidet über Leben oder Tod!
Es war eines Nachts im Juli, als Rottweiler Igor plötzlich begann, laut in Richtung Garten zu bellen. Sein Frauchen Larissa Toni dachte sich anfangs nicht viel dabei, doch am nächsten Tag lahmte der Rüde auf einmal.
Und nur kurze Zeit später litt der Vierbeiner unter blutigem Durchfall, hatte Schaum ums Maul und konnte sich kaum mehr bewegen. Nach einer Laboruntersuchung stellte der Tierarzt eine erschreckende Diagnose: Igor hatte Rattengift gefressen. „Wir sind uns absolut sicher, dass es nur in unserem Garten passiert sein kann“, so eine schockierte Larissa Toni. Die folgenden Tage waren geprägt durch einen todkranken Hund und ständige Fahrten zum Tierarzt. „Ein Organ nach dem anderen hat versagt. Igor konnte nicht mehr laufen. Nach zehn Tagen Todeskampf wurde uns klar: Das ist nicht mehr unser Hund“, so die junge Tirolerin. Die Familie konnte ihren geliebten Rüden, einen ehemaligen Militärhund, nicht mehr leiden sehen und ließ ihn schweren Herzens erlösen. „Emotional war die Situation schon belastend genug, dazu sind uns noch Kosten in Höhe von 4000 Euro entstanden“, berichtet die Hundefreundin.
Wie das Rattengift in den Garten gekommen sein kann, ist ihr bis heute ein Rätsel: „Wir wüssten nicht, wer dahinter stecken könnte. In der näheren Umgebung gab es angeblich zwei ähnliche Fälle. Eine Anzeige gegen Unbekannt brachte aber keinen Erfolg, ich glaube der Fall wurde nicht einmal untersucht.“
Vergiftungen häufen sich
Tatsächlich scheinen sich die Berichte über mutwillig ausgelegte Giftköder in den letzten Monaten zu häufen. Hundehasser spicken Leckerlis mit Ratten- und Insektengift oder gar Glassplittern, Nägeln oder Rasierklingen. Viele Besitzer haben Angst, ihren Lieblingen Freilauf ohne Beißkorb zu gönnen – der Hund könnte ja Gift aufnehmen. Dazu kommt, dass die feigen Täter in den seltensten Fällen überführt und bestraft werden können. Denn meistens fehlen Zeugen für die Taten, und selbst wenn die Hundehalter jemanden in Verdacht haben, sind Giftattacken oft nur schwierig nachzuweisen. „Wer Köder entdeckt, sollte diese gute abdecken und die Polizei rufen“, erklärt Ermittler Christian Fasching. Ratsam ist es auch, die Fundstelle und das Material mit dem Handy zu fotografieren. Wichtig ist, immer auf die eigene Sicherheit zu achten „Sollten Kinder oder Tiere in Kontakt mit verdächtigen Leckerlis gekommen sein, die Reste in einen sauberen Frischhaltebeutel geben und Arzt beziehungsweise Tierarzt aufsuchen.“
Rasches Handeln entscheidet
Denn im Vergiftungsfall zählt jede Minute. Besonders Insektizide und Rattengift können großen Schaden im Hundekörper anrichten. Das Tückische dabei: Letzteres wirkt oft zeitverzögert, die Symptome treten teils erste Tage nach der Vergiftung auf (siehe Infobox). Auch Schneckenkorn wurde schon öfters von Hundehassern ausgelegt.
Damit es gar nicht erst zur Aufnahme von Ködern oder für den Hund gefährlichen Lebensmitteln kommt, ist gute Erziehung gefragt: Beim Spaziergang sollten Halter stets aufmerksam bleiben und den Hund abrufen, wenn ihm sichtlich etwas „in die Nase steigt“.
Statt dem Hund Gefundenes ersatzlos abzunehmen, sollte man ein verlässliches Tauschen üben: Der Vierbeiner lernt so, dass er sein Futter wiederbekommt oder sogar noch etwas Besseres im Tausch erhält und bringt seinen Fund gerne zu Ihnen, statt ihn hastig hinunterzuschlingen. In Gebieten, für die bereits Giftwarnungen bestehen, ist ein Maulkorb anzuraten. Bevor man seinen Vierbeiner in den Garten lässt, sollte man einen kurzen Kontrollgang machen und nach verdächtigem Futter suchen. Auch Larissa Toni hat mittlerweile Vorsichtsmaßnahmen ergriffen: „Wir haben uns wieder einen Rottweiler geholt. Er darf aber nicht mehr ohne Aufsicht in den Garten.“ Zu groß ist die Angst vor einer erneuten Giftattacke.
Tipps vom Experten
Dr. Michael Leschnik von der Veterinärmedizinischen Universität Wien hat bereits zahlreiche vergiftete Haustiere versorgt: „Meistens handelt es sich dabei aber um Unfälle. Vergiftungen durch absichtlich ausgelegte Köder sind erwiesenermaßen selten.“ Besonders tückisch sind Rattengift, das zu inneren Blutungen führt, sowie Mittel gegen Unkraut oder Insekten. „Diese Gifte richten auch in niedriger Dosierung schnell großen Schaden an“, klärt Leschnik auf.
Hundebesitzer sollten bei Symptomen wie Speicheln, Unruhe oder Zitterkrämpfen nicht zögern, einen Veterinär aufzusuchen. „Sammeln Sie sich kurz und fragen Sie sich: Habe ich irgendwo Medikamente oder Schokolade liegen lassen? Habe ich kürzlich im Garten Schneckenkorn ausgelegt, oder hat mein Hund Zugang zu einem Komposthaufen?“ Diagnose und Behandlung – abgestimmt auf die Art des Giftes – müssen aber von einem Tierarzt durchgeführt werden. So wird etwa Vitamin K als Gegenmittel für Rattengift eingesetzt, bei Insektiziden hilft oft nur eine intensive Therapie im künstlichen Tiefschlaf. Grundsätzlich gilt: Je früher der Tierarzt aufgesucht wird, desto besser die Chancen auf Genesung.
Weitere Tipps zu dem Thema gibt’s in unserem Interview mit Yvonne Adler zum Thema Giftköder tauschen.