Hunde zu dick - die Hundezeitung - Hund steht mit den Vorderpfoten auf einer Waage - (c) BananaStock (Canva)

Unsere Hunde werden immer dicker – schon fast jeder zweite Vierbeiner hat hierzulande zu viel auf den Rippen. Ein deutliches Alarmsignal, das man nicht auf die leichte Schulter nehmen sollte!

Dr. Stefanie Handl, Fachtierärztin für Ernährung und Diätetik, hat dem komplexen Thema Ernährung und bedarfsorientierte Fütterung beim Hund ein Buch gewidmet. Mit uns hat sie über die häufigsten Ernährungsfehler, (ungesunde) Trends und andere „delikate“ Themen gesprochen.

Frau Dr. Handl, Sie schreiben in Ihrem neuen Buch, dass mittlerweile fast jeder zweite Hund zu dick ist. Wie erklären Sie sich diese Entwicklung und wie könnte man hiergegensteuern?

Dr. Stefanie Handl: Die zunehmende Zahl von übergewichtigen Hunden liegt hauptsächlich – das ist auch wissenschaftlich nachgewiesen – an der Rolle des Haustieres als Sozialpartner. Füttern und Leckerchen geben bedeutet für uns Menschen Zuneigung und Verwöhnen; artgerechte Beschäftigung und Bewegung treten da leider in den Hintergrund. Ich verbiete Leckerli keineswegs – aber man sollte die Menge des „Hauptfutters“ reduzieren und Gewicht und „Figur“ immer im Auge behalten. Leider ist das Bild von leicht übergewichtigen Hunden schon so „normal“, dass viele Menschen keine Vorstellung mehr davon haben, wie ein schlanker Hund aussehen soll. Auf Ausstellungen werden bei gewissen Rassen, wie Berner Sennenhund, Neufundländer oder Mops, übergewichtige Tiere als „schön“ beurteilt. Dieser Entwicklung muss unbedingt Einhalt geboten werden.

Was sind die häufigsten Fehler, die Herr- und Frauchen bei der Ernährung ihrer Hunde machen?

Dr. Stefanie Handl: Neben „zu viel“ (s.o.) ist es derzeit oft das Folgen von „Trends“ wie „hoher Fleischanteil“, getreidefrei, exotische Zutaten, vegan … Manche Hersteller legen leider mehr Wert auf diese Werbeaussagen als auf Qualität der Zutaten, sodass selbst bei vermeintlich hochwertigem oder „hypoallergenem“ Futter Verdauungsbeschwerden auftreten. Das führt dann oft zum Verdacht einer „Unverträglichkeit“; verstärkt wird das durch das wachsende Angebot an unseriösen Allergietests im Internet, die sich direkt an Besitzer:innen wenden. Beim BARFen werden leider sehr viele fehlerhafte Empfehlungen gegeben. Hundehalter:innen können die Ausbildung und das Wissen von Ernährungsberater:innen und BARF-Shops nicht überprüfen und verlassen sich auf deren Empfehlungen. Nährstoffmängel wirken sich bei erwachsenen Hunden jahrelang nicht aus und können am Tier auch nicht festgestellt werden – erst wenn Schäden offensichtlich sind.

Ungesunde Social-Media-Trends: Hunde, die beispielsweise hingebungsvoll ein Tüteneis essen, sind doch wirklich entzückend – oder etwa nicht? Zumindest aber generieren sie Likes. Was sagen Sie zu derartigen „Trends“?

Dr. Stefanie Handl: Eis (oder andere Süßigkeiten für Menschen) sind für Hunde nicht schädlich, solange sie weder Rosinen noch Schokolade enthalten, und für Menschen wie für Hunde gilt: Wer gesund und schlank ist, darf auch naschen. Allerdings verdeutlicht es das unter Punkt 1 Gesagte: Hunde werden in menschliche Vergnügungen einbezogen, und das ist nicht immer zu ihrem Wohl.

Heutzutage gibt es eine schier unendliche Auswahl an Hundefutter. Wie aber kann man hochwertiges Fertigfutter von minderwertigen Produktenunterscheiden?

Dr. Stefanie Handl: Dass Hundefutter auf dem Markt tatsächlich minderwertig oder gar schädlich ist, das verbieten die Gesetze in der EU. In der Praxis kommt es vor allem darauf an, dass der Hund das Futter gut verträgt (gesunde Verdauung, feste Kotkonsistenz). Das hängt von vielen Faktoren ab, vor allem von der Qualität der Zutaten. Hier sind traditionelle Premiumhersteller zuverlässiger als Trendmarken, welche vor allem beliebte Werbeklischees („hoher Fleischanteil“, „getreidefrei“ etc.) bedienen.

Was halten Sie von sogenannten Light-Produkten? Kann der Hund damit „gesund“ abnehmen?

Dr. Stefanie Handl: Es gibt keine gesetzliche Definition, was „light“ bedeutet. Oft ist der Unterschied im Energiegehalt zwischeneinem „normalen“ und einem „Light“-Futter zu gering, als dass der Hund damit erfolgreich abnehmen könnte. Besser geeignet sind da Diätfutter vom Tierarzt.

Viele BARFen oder kochen für den Hund. Wie kann man dabei sichergehen, dass der Hund alle notwendigen Nährstoffe in der richtigen Menge erhält?

Dr. Stefanie Handl: Wenn man das Futter selbst zubereiten möchte, sollte man unbedingt eine fachtierärztliche Beratung in Anspruch nehmen. Die Ergänzung von Mineralstoffen und Vitaminen ist immer nötig. Es gibt ein riesiges Angebot an BARF-Produkten, die nicht immer erfüllen, was sie versprechen, und auch Empfehlungen aus dem Internet oder von BARF-Shops kann man nicht immer trauen.

Und noch eine „delikate“ Frage zum Abschluss: Vegan und Vegetarisch für den Hund – Sinn oder Unsinn?

Dr. Stefanie Handl: Hunde können pflanzliche Nahrung durchaus verwerten. Auch Milchprodukte und Eier liefern hochwertiges Eiweiß, sodass auf Fleisch verzichtet werden kann. Rein vegane Ernährung ist komplexer, da der Hund einige Nährstoffe lebensnotwendig benötigt, die nur in tierischen Produkten vorkommen und dann ergänzt werden müssen. Man sollte also unbedingt fachkundige Beratung in Anspruch nehmen. Auch wenn es Hunde gibt, die mit veganer Ernährung scheinbar gesund sind, möchte ich betonen, dass wir nicht wissen, ob vegane Ernährung auf Dauer nicht doch zu Schäden führen kann.

Buchempfehlung

Im Buch „Hundefutter –Bedarfsorientiert füttern“ setzen sich die beiden Tierärzte Stefanie Handl und Armin Deutz mit der Ernährung unserer Hundeauseinander.

Portrait Dr. Stefanie Handl - die Hundezeitung

Dr. Stefanie Handl ist Fachtierärztin für Ernährung und Diätetik und Diplomate ECVCN. Statt, wie ursprünglich geplant, den klassischen Weg hin zur Kleintierpraxis einzuschlagen, brachte sie ihre Doktorarbeit zur Tierernährung. Nach 10 Jahren an der Veterinärmedizinischen Universität Wien ist sie seit 2013 selbstständig als tierärztliche Ernährungsberaterin mit der Futterambulanz.

www.futterambulanz.at

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