Kupieren von Hunden – wenn die Gesundheit zu kurz kommt

by Redaktion
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Kurze Stummelschwänze, wo vorher lange Ruten waren, und spitze, seltsam kleine Ohrmuscheln, wo erst Schlappohren flogen – das Kupieren verändert nicht nur das Aussehen der Hunde, sondern auch ihr Leben.

Menschen kupieren Hunde selten aus Gründen, die nicht mit der äußeren Erscheinung und kosmetischen Effekten zusammenhängen. Viele Hunderassen wie beispielsweise der Dobermann, Boxer oder Rottweiler wurden so lange ausnahmslos kupiert, dass viele Menschen vergaßen, dass diese Hunde eigentlich lange Schwänze und Schlappohren haben. Chirurgisch wurde das Bild einer ganzen Rasse verändert – doch diese Veränderung wird nun langsam, aber sicher rückgängig gemacht.

Definition: Was ist mit kupieren gemeint?

Der Begriff “kupieren” leitet sich vom französischen Verb “couper” ab, was abschneiden, durchtrennen, abzwacken bedeutet, und bezeichnet die heute leider in manchen Ländern immer noch gängige Praxis, Körperteile von Tieren aus kosmetischen oder anderen nicht-medizinischen Gründen per operativem Eingriff zu amputieren. Besonders betroffen sind dabei Ohren und Ruten, die tendenziell am ehesten gekürzt werden – ein klassisches Beispiel dafür ist der Dobermann, der erst seit wenigen Jahren wieder mit Schlappohren und langen Ruten zu sehen ist. Für viele Hunderassen waren diese Eingriffe nämlich seit jeher sogar im Rassestandard vorgeschrieben. Heute ist das Kupieren in vielen Ländern Europas per Gesetz verboten.

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Kupiertechniken: Ohr und Rute

Die Hunde werden üblicherweise bereits als Welpen in den ersten Lebenstagen kupiert, heutzutage meist unter Vollnarkose. Manche Rassen werden sowohl an den Ohren als auch an der Rute kupiert, andere Rassen nur an den Ohren oder an der Rute. Üblicherweise wird dieser Eingriff von einem Tierarzt oder einer Tierärztin vorgenommen.

Die Ohren werden beim Kupieren in einer Metallklemme fixiert und häufig unter Zuhilfenahme einer Schablone von “überschüssigem” Gewebe befreit. Damit sich die Wundränder nicht zusammenziehen können und so die neue Ohrenform beeinträchtigen, wird das übrige Ohr über den Kopf gespannt. Nach der Wundheilung werden die Ohren dann über mehrere Wochen oder Monate eingespannt bzw. hochgeklebt, um das gewünschte Stehohr zu erreichen – denn der Knorpel ist nicht hart genug, um das kupierte Schlappohr hochzuhalten. Zusätzlich können noch Muskelstraffungen oder das Einsetzen von stabilisierenden Silikonstäbchen vorgenommen werden.

Bei der Rute wird die Haut kreisförmig eingeschnitten und etwas zurückgezogen, danach werden zwei Wirbel mit einem Skalpell durchtrennt und die Haut am Ende der nun kürzeren Rute wieder zusammengenäht. Eine weitere Kupiertechnik umfasst das Abbinden der Blutzufuhr mit einem festen Gummiband – das Gewebe wird nicht mehr mit Sauerstoff und anderen Nährstoffen versorgt und wird nekrotisch, bis der abgestorbene Teil der Rute nach einigen Tagen abfällt.

Keine dieser Techniken können schmerzfrei ablaufen, und meist leidet das Tier noch Wochen nach dem Eingriff an den Folgen der Amputation. Ohren und Rute sind auch für die Kommunikation untereinander unerlässlich, und eine Wegnahme dieser wichtigen Hilfsmittel schränkt die Hunde in ihrer Körpersprache ein. Die Rute dient außerdem dem Gleichgewicht des Hundes beim Wenden und Springen.

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Rechtslage ums Kupieren

Aus offensichtlichen Gründen wurde daher die Amputation von Körperteilen aus nicht-medizinischem Anlass in vielen Ländern Europas verboten, Vorreiter im deutschsprachigen Raum war in dieser Hinsicht die Schweiz. Verstöße werden meist mit Geldstrafen (in Österreich zum Beispiel mit bis zu 7500€) geahndet.

  • Deutschland
    In Deutschland wurde das Kupieren der Ohren 1987 im Zuge des Tierschutzgesetzes verboten, und 1998 folgte eine Neuerung, die auch die Rute umfasste. Die einzige Ausnahme dieser Neuerung sind Hunde mit langen, unbehaarten Ruten, die zur Jagd im Wald eingesetzt werden – aufgrund des Verletzungsrisikos durch dorniges Unterholz bestehen viele Jäger weiterhin auf ein Kupieren der Rute. 2002 folgte auch der Verband für das deutschte Hundewesen (VDH) mit einem Ausstellungsverbot von Hunden, die zeitlich nach den gesetzlichen Beschlüssen kupiert worden sind.
  • Österreich
    Österreich passte das Tierschutzgesetz erst im Jahr 2005 für Ohren und Rute an, verbietet im Gegensatz zu Deutschland aber auch das Einführen kupierter Hunde aus dem Ausland, sofern dieser Eingriff nicht medizinisch notwendig gewesen sei oder es sich nur um einen Kurzaufenthalt handle. 2012 wurde das Gesetz weiter verschärft und macht auch das Ausstellen, den Import, Erwerb und Vermittlung und Weitergabe kupierter Hunde (die nach dem 1. Jänner 2008 geboren wurden) ungesetzlich. Ab 2014 werden kupierte Jagdhunde nicht mehr geprüft.
  • Schweiz
    Bereits (oder eher erst) 1981 ließ die Schweizer Regierung das Kupieren der Ohren gesetzlich verbieten, 1997 folgte ein Verbot für die Rute. Auch der Import kupierter Tiere aus dem Ausland wurde illegalisiert. Die Schweizer Kynologische Gesellschaft (SKG) erließ 2006 ein Ausstellungsverbot kupierter Hunde auf ihren Veranstaltungen, das für Hundehalter aus dem Ausland gleichermaßen gilt.

Das Kupieren in der Hundezucht

Viele Jahre lang waren kupierte Ohren und/oder Rute von Hunden für viele Rassen unvermeidlich, um von diversen Zuchtverbänden als “richtige” Vertreter dieser Rassen anerkannt zu werden. Das Denken über diese für die Tiere unnötigen und schmerzhaften Prozeduren änderte sich jedoch in der Neuzeit, und 2010 legte die FCI in ihren Regelungen fest, dass Rassestandards keine chirurgischen Eingriffe mehr fordern dürfen. In Kombination mit den Tierschutzgesetzen verschwinden kupierte Hunde mehr und mehr aus dem Zuchtwesen.

Manche Züchter und Hundebesitzer wollen das Verbot jedoch trotzdem umgehen, indem sie die Hunde im Ausland kupieren lassen; man könnte von einem regelrechten Kupiertourismus sprechen. In Deutschland ist ein solcher Winkelzug möglich, in Österreich und der Schweiz ist die Einfuhr kupierter Hunde aus dem Ausland verboten.

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