Interview: Hundeprofi Martin Rütter: „Für einen gesunden und folgsamen Hund!“

by Stefan Chibici
Veröffentlicht: Zuletzt aktualisiert am 3 Minuten Lesedauer
Martin Rütter kniet und vor ihm liegt ein Hund am Boden.

Hundeausbildung und Zucht sollten in geregelte Bahnen kommen

Aktuell scheint es, dass es genauso viele Hundeexperten und Züchter gibt wie Einwohner. Vor diesem Hintergrund stellt sich uns die Frage: Kann in der heutigen Zeit jeder, der die Neigung dazu verspürt, problemlos zum Züchter oder Trainer werden? Um diese Thematik näher zu ergründen, haben wir von der Hundezeitung ein Interview mit dem Hundeprofi Martin Rütter geführt. Was sagt er uns über das umstrittene Thema…

HZ: Herr Rütter, sie kommen ja in diesem Jahr mit ihrer aktuellen Show wieder nach Österreich. Sie haben auch hierzulande eine riesige Fangemeinde– und deshalb freuen wir uns auch im Anschluss auf Ihre Showtermine 2024 hinzuweisen.

Martin Rütter: Ja sehr cool, danke. Ich freue mich auch sehr wieder in Österreich zu Gast zu sein.

HZ: Sie sind ja ein aufmerksamer Beobachter der Hundewelt im deutschsprachigen Raum. Das ist ja auch einer der Gründe für ihre Popularität, dass sie sehr genau wissen wo der berühmte Schuh drückt und dann gekonnt genau dort ansetzen. Das Thema Hund ist ein sehr emotionales- und momentan scheint es ebenso viele Hundeexperten zu geben wie Einwohner.  Und man fragt sich: Kann denn heute jeder, dem die Laune danach steht Züchter oder Trainer werden?

Martin Rütter: Das ist mit Sicherheit der Punkt. Hundeausbildung gehört ebenso wie Zucht in geregelte Bahnen gelenkt. Es kann nicht angehen, dass es hier zu einem unregulierten Wildwuchs kommt. Wir alle wollen einen gesunden, wesensfesten und folgsamen Hund- achten aber oftmals weder bei der Anschaffung noch bei der Grundausbildung auf Qualität. Dann kommt immer das große Jammern und dann erst dann soll ein Experte Wunder wirken.

Ich fordere seit Jahren eine klare Regulierung wer denn hier ans Werk gehen darf. Wir haben im deutschsprachigen Raum Gesetze und Vorgaben für fast jeden Lebensbereich. Wir benötigen Schulungen und Ausbildungsnachweise für das Lenken eines Autos bis hin zur Ausübung von Sportarten und gerade bei Hundezucht, die ja direkt mit dem Leben eines Tieres verbunden ist, oder dessen Ausbildung gibt es nur schwammige gesetzliche Regeln. Es muss hier endlich zu einem Umdenken und klaren Handeln kommen.

HZ: Na da sind wir ja schon mittendrin in einem viel diskutierten Themen. Sie haben mit Sicherheit, auch in Deutschland, DAS Thema der letzten Wochen hierzulande mitverfolgt. Die Forderung nach einem österreichweiten Verbot der sogenannten Schutzarbeit mit Hunden. Wie stehen sie dazu? Sie nehmen sich ja bei diesem Thema bekanntlich kein Blatt vor dem Mund und werden ja von einem großen Publikum auch gehört. 

Martin Rütter: Ich stehe absolut hinter dieser Forderung. Wir müssen mit der Hundeausbildung endlich im 21. Jahrhundert ankommen und da ist kein Platz mehr für antiquierte Sparten im Hundesport. Es gibt so viele Möglichkeiten seinem Hund ein artgerechtes, rassegerechtes und auslastendes Leben im Rahmen sportlicher Aktivität zu bieten – da muss nicht gebrüllt, exerziert oder gebissen werden.

Es ist lachhaft zu behaupten, Hunde fänden diese Art der Ausbildung als pure Freude. Sehen sie sich doch einmal diese Hunde an, die gestresst an der Seite ihrer Menschen über den Platz marschieren. Sieht so Freude aus? Allen diesen Hunden gemein ist ein extrem hoher Stresslevel. Wozu muss man einen Hund permanent in so eine Situation bringen, die erst wieder durch den Biss in den Juteärmel oder Ganzkörperanzug aufgelöst wird?

Mir erscheint diese Form des „Gebrauchs“hundesports, übrigens wie die Bezeichnung selbst, als antiquiertes Relikt vergangener Tage, das in unserer Zeit keinen Daseinsanspruch mehr hat. Meine Güte -es gibt so viele Formen des Hundesports, es ist Zeit diese Selbstdarstellung einiger weniger zu beenden. 

HZ: Starker Tobak. Eines der Hauptargumente der Befürworter lautet aber, dass diese Art des Hundesports unverzichtbar für die Erhaltung von Wesensmerkmalen ist, ohne diese Form des Sports auch die Zucht und somit der Fortbestand gewisser Hunderassen gefährdet wäre. 

Martin Rütter: Jaaa. Dann muss man eben einmal hinterfragen, wozu ich denn in diese Richtung weiterzüchte?  Da beißt sich doch der Hund in den Schwanz. Wir sprechen hier von Hunden, die in private Haushalte, in Familien abgegeben werden. Diensthunde für Militär und Polizei sind da eine ganz andere Abteilung.

Wozu werden Hunde gezüchtet, die immer weniger den Anforderungen des Alltags entsprechen können, weil sie so hoch im Trieb stehen. Diese Hunde sind nicht mehr alltagstauglich. Wo sieht man sie in der Öffentlichkeit. Raus aus dem Hänger am Hundesportplatz – auspowern hinter dem Zaun – rein ins Auto. Die Zucht dieser Hunde muss einem Umdenken folgen. Das hier ist definitiv eine Sackgasse.  Wir müssen endlich ein klares Wort in dieser Sache sprechen. Wer sich dem verschließt dem geht’s nicht um seinen Hund. Basta. 

HZ: Eine klare Position, die mit Sicherheit extrem polarisiert. Wir sind gespannt, wie sich die Diskussion in den kommenden Wochen und Monaten entwickelt- vielleicht ja auch rund um Ihre Shows in Österreich. Wir sind gespannt…

Vor einiger Zeit hatten wir auch schon ein Hundeprofi-Interview: Martin Rütter auch bei uns im Talk. Lese weiter und erfahre in dem Beitrag, wie klare Spielregeln bei Hunden aussehen sollten.

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