Pro & Kontra: Gedanken zum Gebrauchshundesport

by Xenia Graf
Gebrauchshundesport - Ein Thema, das im Moment die Lager der Hundemenschen radikal spaltet.

PRO

Seit dem tragischen tödlichen Unfall in Oberösterreich steht ein Teil des Gebrauchshundesports unter enormer Kritik einzelner Tierschutzorganisationen und auch einzelner Medien.

Es wurde fälschlicherweise berichtet, dass der Hund im Gebrauchshundesport trainiert wurde. DerHund hat sich, nachdem er 2020 getestet wurde, für diese Ausbildung nicht geeignet – es wurde kein derartiges Training begonnen. Zu einem danach veröffentlichten „Skandalvideo“ gibt es mittlerweile auch die Stellungnahme der zuständigen Amtstierärztin. Es wurde keine dem Tierschutzgesetz widersprechende Ausbildung betrieben, die Hunde zeigen Freude an der Arbeit und wurden auch nicht in Angst und Schrecken versetzt.

Der ÖKV distanziert sich klar und eindeutig von Ausbildungsmethoden, die dem Tierschutzgesetz widersprechen. Eben so von allen Maßnahmen, die die Aggressionsbereitschaft von Hunden fördern. Diesbezüglich bedarf es auch keiner Gesetzesänderungen, da dies bereits im bestehenden Tierschutzgesetz geregelt ist. In einem weiteren Video ist der Umgang mit einem Hund zu sehen – das kann man auch nicht als Training bezeichnen –, der eindeutig abzulehnen ist. Der Ausbildungsverein hat sich nach Bekanntwerden dieser Methoden sofort von dieser Person getrennt. Es gab unseres Wissens auch eine Strafverfolgung nach dem Tierschutzgesetz.


Umstrittenes Thema Gebrauchshundesport - wie gefährlich ist diese Sportart?
Umstrittenes Thema Gebrauchshundesport – wie gefährlich ist diese Sportart?

Der Gebrauchshundesport gliedert sich in drei Disziplinen. Es ist ein Vielseitigkeitssport im Bereich der Nasenarbeit, der Gehorsams- und Gewandtheitsarbeiten und der Triebbeständigkeit in Verbindung mit Kontrollierbarkeit. Dabei wird in keiner Weise der Hund auf Menschen gehetzt. Es handelt sich um eine Beutefangarbeit des Hundes. Das einzige Ziel des Hundes ist das Erreichen seiner Beute. Der Hund kann bei diesem Training sein angeborenes natürliches Beutefangverhalten unter Kontrolle ausleben.

Es kommen ausschließlich nervenstarke, wesensfeste Hunde für diesen Sport in Frage. Neben dem sportlichen Aspekt nationaler und internationaler Wettkämpfe hin bis zu Weltmeisterschaften dienen diese Prüfungen vor allem der Überprüfung von Gebrauchshundeeigenschaften. Die für diesen Sport in Frage kommenden Rassen sind auch Diensthunde und Rettungshunde. Größter Wert bei diesen Prüfungen wird auf das Sozialverhalten gelegt. Hunde, die kein einwandfreies Sozialverhalten zeigen, werden von diesen Prüfungen ausgeschlossen.

Ein Verbot dieses von Hunden geliebten Sports würde die Erhaltung der Gebrauchstüchtigkeit innerhalb weniger Generationen gefährden. Während der letzten Jahre wurden mehr als 31.000 Hunde in diesem Sport geführt und es ist kein einziger Fall bekannt, bei dem es mit diesen Hunden zu Zwischenfällen gekommen wäre. Der ÖKV unterstützt alle Bemühungen, die darauf abzielen, das bereits verbotene „Scharfmachen“ von Hunden abzustellen. Ein Verbot der Ausbildung nach den Prüfungsordnungen des ÖKV, der FCI oder auch der ÖHU wäre kontraproduktiv. Hunde brauchen eine artgerechte Beschäftigung, damit sie ausgeglichen und sozialverträglich sind.

Über den Autor

Der Österreichische Kynologenverband (ÖKV)ist der Dachverband von über 100 Hundevereinen, die sich mit Zucht, Haltung, Erziehung und Ausbildung des Hundes beschäftigen.

KONTRA

Es ist kaum einem Menschen mit Herz zu verklickern, dass das Attackieren mit Beißen bzw. Verbeißen in menschliche Extremitäten, die mit Schutzkleidungummantelt sind, ein zeitgemäßer Hundesport sein soll.

Die Befürworter:innen dieses „Sports“ versuchen durch unwahre Darstellung der Tatsachen, den gesamten Hundesportbereich in Panik zu versetzen: Presseaussendungen und Petitionen suggerieren, dass jegliches Spiel mit Gegenständen mit dem Hund verboten würde – ja sogar Therapiehunde könnten dann nicht mehr ausgebildet werden. So eine Petition wird international geteilt und von der Lobby unterzeichnet; die Presseaussendungen strotzen nur so von längst überholten und fachlich falschen Begriffen wie Beiß-,Wehr-, Beutetrieb und Co.

Wenn das die Expert:innen im größten Hundeverein in Österreich sind, dann steht es schlecht um Fortbildung, neue Erkenntnisse und einen modernen Zugang zum Lebewesen Hund – und um den Tierschutz im Hundetraining! Das zuständige Ministerium hat ein „Spielverbot mit Spielzeug“ niemals kommuniziert und in einer Klarstellung dargelegt, dass es ausschließlich um den (Ver-)Beißteil in den Menschen geht, ein kleiner Bestandteil des Gebrauchshundesports. Es wird argumentiert, dass der Hund lernt, seinen „Beutetrieb“ (Zitat!) ausschließlich am Hundeplatz kontrolliert auszuleben. Jede:r, der:die mit Lebewesen zu tun hat, weiß, dass so etwas nicht sein kann.


Petitionen suggerieren, dass jegliches Spiel mit Gegenständen mit dem Hund verboten werden soll.
Petitionen suggerieren, dass jegliches Spiel mit Gegenständen mit dem Hund verboten werden soll.

Hunde sind keine Roboter, die man programmieren kann, sondern Lebewesen, die auf ihre Umwelt reagieren. Zudem ist es so, dass die Hunde angreifen sollen, wenn gewisse Armbewegungen ausgeführt werden bzw. wenn eine Person wegläuft – im Alltag kann das fatale Folgen haben. Das ist das genaue Gegenteil davon, was tierschutzkonformarbeitende Trainer:innen machen: Armbewegungen, schnelle Bewegungen des Menschen etc. werden mit ruhigem Verhalten bzw. adäquaten Verhaltensweisen verknüpft. Das schafft erwünschtes Verhalten, Vertrauen, Sicherheit und Kontrolle im Alltag!

Dass es in der Schutzhundeausbildung neben – korrekt formuliert – Beutemotivation auch um Aggressionsverhalten geht, wird seitens der Liebhaber:innen des Verbeißens vehement bestritten. Dass der Hund bei zunehmenden Bedrohungsszenarien wie Herumfuchteln mit Stöcken und Schreien nicht mit eingezogener Rute wegläuft, ist kein Beweis dafür, dass der Hund sich nicht in seiner Unversehrtheit bedroht fühlt – durch das Verhalten „Attackieren und Verbeißen“ jedenfalls hat er gelernt, diese Situationen auszuhalten und früher oder später zu beenden. Echtes Spiel sieht anders aus. Wieso also an einer derartigen Tradition festhalten? Für die Hunde bestimmt nicht, die sind flexibel in dem, wofür sie „brennen“. Nur das Ego der Menschen nicht.

Über die Autorin

Mag. Ursula Aigner ist tierschutzqualifizierte Hundetrainerin, allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige für Hunde und studierte Zoologin.

Wie förderlich manche Sportarten für den Hund tatsächlich sein können, kannst du dem folgenden Beitrag entnehmen. In diesem haben wir eine Liste aller Hundesportarten im Überblick zusammengefasst.

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