Im Hinterland Spaniens haben Hunderassen wie Galgos und Bodegueros einen reinen Nutztierstatus. Für die Hasenjagd gezüchtet, werden unrentable Tiere meist entsorgt. Sprich: getötet, eingeschläfert oder ausgesetzt.
Während der Stierkampf sowohl in Spanien, als auch weltweit im Druck der öffentlichen Diskussion steht, hat eine andere Art von Tierquälerei bislang kaum eine Lobby. Denn sie findet im Hinterland Spaniens statt, fernab der Aufmerksamkeit von Touristen. Die Jagd mit Galgos geht in Spanien auf eine jahrhundertealte Tradition zurück, so dass sich eine Sensibilisierung für die Bedürfnisse der Tiere als sehr mühsam gestaltet.
Jagen ist ein Volkssport in Spanien, eine Lizenz leicht erhältlich. Laut dem Club da Caza, dem spanischen Jagdverband, werden etwa 500.000 Galgos von etwa 180.000 Galgueros gehalten. Die stattlichen Hunde dienen der Hasenhetzjagd, denn sie können eine Geschwindigkeit bis zu 60 Stundenkilometern erreichen.
Im Rest von Europa ist die Jagd mit Windhunden längst verboten. Besonders verbreitet ist die Jagd mit Galgos der Landesmitte und im Süden Spaniens in Regionen wie Kastillien-La Mancha, Kastillien und Leon, Madrid und Andalusien.
Daneben werden die Jagden als Wettkämpfe ausgetragen, organisiert in Verbänden wie der FEG (Federación Española de Galgos). Bei der landesweiten Meisterschaft auf dem freien Feld winkt der „Copa del Rey“, der Königspokal, samt ansehnlichen Prämien für die schnellsten Tiere.
Etappensieg gegen Grausamkeit
Noch problematischer sind die Vielzahl der inoffiziellen Wettkämpfe, die privat von den Galgueros organisiert werden. Auch hier kann es um viel Geld gehen – sowie um das Ansehen der Züchter. Dank des Einsatzes von Tierschützern konnte zumindest eine besonders grausame Tradition eingedämmt werden: der Tod durch das „Klavierspielen“. Tiere, die ihrem Züchter „Schande“ bereitet hatten, wurden an einem Baum aufgehängt, gerade hoch genug, dass ihre Zehenspitzen den Boden berühren konnten. Im Todeskampf tippelten die Hunde mit ihren Pfoten panisch auf und ab, was entfernt an ein Klavierspiel erinnert. Diese Methode ist mittlerweile gesetzlich verboten.
Galgos als Billigware
Wo viel Geld winkt, wird der Hund zur Ware degradiert. Die Zucht mit Jagdhunden hat in Spanien die Ausmaße einer Massenproduktion angenommen, Welpen sind als „To-Go-Artikel“ bereits ab einem Euro im Internet erhältlich. Schon früh beginnt die Selektion. Meist unter einfachsten Bedingungen in abgelegenen Verschlägen oder Garagen gehalten, wird sowohl an Nahrung, als auch an medizinischer Versorgung gespart. Der Züchter behält die stärksten Tiere, wer nicht die gewünschte Leistung bringt, wird aussortiert und als unerwünschter Kostenfaktor angesehen.
Selbst ein Champion bleibt kaum länger als vier Jahre bei seinem Besitzer, dabei können die Tiere ein Alter von 15 Jahren erreichen. Unrentable Tiere erwarten drei unterschiedliche Szenarien. Die überzähligen Tiere, manchmal krank und oft abgemagert, werden entweder vom Besitzer selbst getötet, landen auf der Straße oder in einer Auffangstation, einer so genannten Perrera.
Rettung durch Vermittlung
Meist völlig überfüllt mit Tieren, ist es in vielen Perreras üblich, die Hunde nach 21 Tagen einschläfern zu lassen, wenn sie nicht zuvor weitervermittelt werden konnten. Daher werden die Perreras auch Tötungsstationen genannt.
An dieser Stelle schalten sich Tierschutzorganisationen wie die „Galgo-Hilfe e.V“ ein, zum Beispiel durch die Zusammenarbeit mit der Auffangstation San Anton in Villamartin / Andalusien. Zum einen durch die Vermittlung von Hunden nach Deutschland. Zunächst werden die Hunde untersucht, ärztlich versorgt, auf Krankheiten getestet und entsprechend behandelt, kastriert und gechipt.
Kommen die Galgos in Deutschland an, werden sie in einer Pflegestelle untergebracht. Dies dient sowohl der Sozialisation der Hunde, als auch der Einschätzung des jeweiligen Charakters, damit der passende Besitzer ausgemacht werden kann. Von einer Direktvermittlung wird von den Tierschützern abgeraten, damit die Vermittlung sowohl für Tier und Halter zum Erfolg werden kann. Die Gründe dafür leuchten ein: Ein scheuer Hund eignet sich nicht für einen turbulenten Haushalt, während ein aufgeschlossener Hund bestens zu Familien passt.
Galgos benötigen als Windhunde für ihr Glück den ungehinderten Freilauf – mindestens zwei Mal pro Woche – in einem eingezäunten Auslauf. Mit manchen Galgos ist ein auch Freilauf in wildarmer Umgebung möglich. Darüber klärt die Galgo-Hilfe e.V. auf, ebenso wie über Nachuntersuchungen und sonstige Voraussetzungen. Die Vermittler prüfen dabei vor Ort, ob die Interessenten über Voraussetzungen wie genügend Platz verfügen. Hat der Hund sein passendes Herrchen oder Frauchen gefunden, ist dies nicht selten der Beginn einer lebenslangen Liebe.
Da Galgos dazu gezüchtet werden, um Hasen selbstständig zu jagen, trifft ein Galgo auch im Alltagsleben eigenständige Entscheidungen. Somit haben Galgos nie einen absoluten Gehorsam, sondern kooperieren eher mit ihren Bezugspersonen. Da sie aber sehr anhänglich sind und gerne eine Bindung aufbauen, können Hundehalter gut mit ihnen arbeiten. Dennoch erleben viele sie als etwas „katzenartig“.
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Aufklärungsarbeit vor Ort
Auch Aufklärungsarbeit zählt zu den Tätigkeitsgebieten des Galgo-Hilfe e.V. So soll durch ein Umdenken an der Basis langfristig das Leid der Tiere beendet werden. Da bislang kein EU-Tierschutzgesetzt verabschiedet wurde, fehlt häufig die rechtliche Handhabe, um Veränderungen zu bewirken. Die spanische Tierschutzpartei PACMA hat in einem Dossier ernüchternde Zahlen zusammengestellt: Gemäß dem Jahresbericht der Staatsanwalt gab es im Jahr 2011 leidglich 309 Gerichtsverfahren wegen Tiermisshandlung, wovon nur 32 Urteile ausgesprochen wurden. Bei 50.000 „entsorgten“ Galgos pro Jahr eine erschreckend magere Bilanz.
Fast 10 Jahre später zeigen sich positive Veränderungen an, wenngleich in kleinen Schritten. Insbesondere die jüngere Generation baut ein neues Verhältnis zum „Nutztier Hund“ auf, den viele Kinder nur aus dem Verschlag des Großvaters kennen und nicht als Kuschelgefährten auf der Couch. In Katalonien, der Region die auch in punkto Stierkampfverbot vorgeprescht ist, sieht man mittlerweile Leute, die sich Galgos als Haustiere halten. Durch den Welt-Galgo-Tag und internationale Proteste hat das stille Leid der Galgos nun eine Stimme bekommen. Und auch wenn durch die Corona-Krise die Ausfuhr der Hunde zeitweilig ins Stocken geriet, erhielten die „Nutztiere“ dadurch – wenngleich wohl etwas unfreiwillig – ein „Upgrade“ zum Gesellschaftstier.
Autorin: Sandra-Madeleine Gumnitz von der Galgo-Hilfe e.V.
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“Galgos: Vom Campo auf die Couch” (2018) – ein Buch über Galgos von Claudia Gaede und Thomas Ebbrecht . Hier findet ihr noch viele weitere Informationen über die Galgos wie beispielsweise Rudelverhalten oder auch Unterschiede zum Greyhound.