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Der Begriff „Teacup-Hund“ leitet sich von dem Zuchtziel dieser Rassen ab: Die Hunde sollen selbst als erwachsene Tiere noch klein genug sein, um in eine Teetasse zu passen. Doch mit diesem Trend gehen gefährliche Gesundheitsrisiken für die Tiere einher.

Zwerg, Mini, Teacup – grundsäztlich gilt: je kleiner, desto süßer! Schon seit vielen Jahrhunderten zeigen gerade Gesellschaftshunde eine Tendenz zu immer kleiner werdenden Körpergrößen. Prominente und Stars leben den Hundeliebhabern den Lifestyle von zierlichen Handtaschenhunden vor, doch ohne sorgfältige Zuchtkriterien und Umsicht im Umgang mit der Gesundheit der Tiere kann dieser Trend schnell in die Qualzucht abrutschen. Der Deutsche Tierschutzbund gibt Auskunft.

Wie werden Teacup-Hunde so klein?

Um Hunde so winzig wie möglich zu züchten, werden entweder besonders klein geratene Hunde einer Rasse miteinander verpaart, häufig auch unter Inzucht, oder Exemplare unterdurchschnittlicher Körpergröße anderer Rassen herangezogen, was eine Reinrassigkeit der Welpen nicht mehr gewährleistet. Alternativ wird mit Hunden gezüchtet, die an Chrondrodysplasie leiden – einer Knorpelerkrankung, die dazu führt, dass die Tiere klein bleiben oder auch andere Defekte aufweisen können. Durch diese Praktiken werden von vorneherein kranke Welpen mit hohem Gesundheitsrisiko gezüchtet, die erhebliches und leider meist auch lebenslanges Leid zugunsten ihrer Körpergröße erfahren müssen. Selbst die Gefahr des Todes bei z.B. Geburtskomplikationen durch die deformierten Köpfe der Welpen, wird bewusst von den Züchtern hingenommen, um der Nachfrage nach Teacup-Hunden nachzukommen.

Ab wann wird Zucht zur Qualzucht?

Im deutschen Tierschutzgesetz ist im sogenannten „Qualzuchtparagrafen“ 11b Absatz 1 klar festgelegt, welche Formen von Tierzucht nicht legal sind:

„Es ist verboten, Wirbeltiere zu züchten oder durch biotechnische Maßnahmen zu verändern, soweit im Falle der Züchtung züchterische Erkenntnisse oder im Falle der Veränderung Erkenntnisse, die Veränderungen durch biotechnische Maßnahmen betreffen, erwarten lassen, dass als Folge der Zucht oder Veränderung

  1. bei der Nachzucht, den biotechnisch veränderten Tieren selbst oder deren Nachkommen erblich bedingt Körperteile oder Organe für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder untauglich oder umgestaltet sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten oder
  2. bei den Nachkommen
  3. a) mit Leiden verbundene erblich bedingte Verhaltensstörungen auftreten,
  4. b) jeder artgemäße Kontakt mit Artgenossen bei ihnen selbst oder einem Artgenossen zu Schmerzen oder vermeidbaren Leiden oder Schäden führt oder
  5. c) die Haltung nur unter Schmerzen oder vermeidbaren Leiden möglich ist oder zu Schäden führt.“

Trotzdem scheitert die klare Gesetzeslage oftmals an der Umsetzung. Obwohl viele Qualzuchtrassen bzw. Qualzuchtmerkmale bekannt und wissenschaftlich untersucht sind, gab es nur Urteile einzelner Zuchtverbote, beispielsweise die Zucht der Sphinx-Katzen, einer Nackthaarkatzenrasse, die ohne Tasthaare zur Welt kam. Die Toleranz der Justiz gegenüber verantwortungslosen Hundezüchtern ist zu groß.“31417″ img_size=“full“ add_caption=“yes“]

Gesundheitsrisiken und Erbkrankheiten

Das Risiko für gesundheitliche Probleme und körperliches und geistiges Wohlbefinden ist bei Teacup-Hunden besonders vielfältig und meist der extremen Kleinheit der Organe geschuldet, die den Anforderungen eines normalen Lebens oftmals buchstäblich nicht gewachsen sind. Sie umfassen u.a.:

  • Hypothermie – Durch die verhältnismäßig große Körperoberfläche eines so kleinen Tieres wird zu viel Körperwärme abgegeben, in dessen Folge kommt es zu einer Tendenz zur Untertemperatur. Da das Zittern viel Energie verbraucht, kann es schnell zu einer Hypoglykämie kommen.
  • Hypoglykämie – Die kleinen Tiere haben einen sehr empfindlichen Zuckerhaushalt, und schon eine verpasste Mahlzeit kann eine möglicherweise tödliche Unterzuckerung hervorrufen, wenn der Notstand nicht schnell genug erkannt wird.
  • Narkoserisiko – Der sehr empfindliche Wärme- und Zuckerhaushalt von Teacup-Hunden ist unter Narkose nur schwer zu erhalten. Eine zusätzliche Gefahr, da bei Teacup-Hunden Operationen häufig notwendig sind.
  • Lebershunt – eine angeborene Gefäßanomalie, durch welche das Blut die Leber als Entgiftungsorgan umgeht. Die toxischen Abbauprodukte können nicht mehr herausgefilert und ausgeschieden werden und führen zu einer Endotoxämie (= Vergiftung) und in weiterer Folge zu einer Hepato-Enzephalopathie (= Funktionsstörung des Gehirns), Erbrechen, Harnsteinen, Durchfall und Kümmern. Allein eine kostspielige Operation kann dem Tier das Leben retten, doch das erhöhte Narkoserisiko birgt weitere Gefahren.
  • Herzdefekte – Klappenfehler und Herzwanddefekte werden gerne vererbt.
  • Trachealkollaps – Ein spontanes Zusammenklappen der Luftröhre führt zu Atembeschwerden.
  • offene Fontanelle – Die Knochenspalten des Kopfes wachsen erblich bedingt nicht zusammen und sorgen für ein immenses Verletzungsrisiko des Kopfes.
  • Hydrocephalus – Der sogenannte Wasserkopf ist eine stark vergrößerte Deformierung des Kopfes, die zu Störungen des zentralen Nervensystems führt und bei der Geburt durch Steckenbleiben im Geburtskanal das Lebens des Welpen, der Geschwistertiere und des Muttertiers gefährdet.
  • Granulomatöse Meningoencephalitis (GME) – Eine tödliche neurologische Erkrankung, bei der sich Makrophagen, Lymphozyten, Granulomen und anderen Bestandteile im Gehirn, Rückenmark und Hirnhäuten ansammeln.
  • Chiari Malformation und Syringomyelie – Eine angeborene Anomalie der hinteren Schädelregion, die zu einer Überfüllung der hinteren Schädelgrube und einer Kompression des Kleinhirns und des Hirnstammes führt. Die Hirnflüssigkeit staut sich in Hohlräumen des Gehirn und des Rückenmarks an und verursacht neurologische Ausfälle, Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule und damit anfallsartige Kratzattacken im Schulter- und Halsbereich. Medikamente und eventuelle chirurgische Eingriffe sind notwendig, um ein einigermaßen normales Leben zu erlauben.
  • Verdauungsprobleme – Magenpolypen oder eine chronisch hypertrophische pylorische Gastropathie führen zu Störungen der Magenentleerung.
  • Bulbusprolaps – Es besteht aufgrund der verhältnismäßig großen Augen in einer kleinen und flachen Augenhöhle das hohe Risiko, dass der Augapfel aus der Augenhöhle vorfällt.
  • Augenprobleme – Es kommt häufig zu Infektionen und Verletzungen des Auges, durch die Deformation von Kopf und Augen besteht außerdem die hohe Gefahr von ventrolateralem Strabismus, also Schielen.
  • Gebissanomalien – Der Zahnwechsel ist entweder problembehaftet oder ohne Hilfe nicht möglich (Milchzahnpersistenz). Zähne können auch komplett fehlen. Regelmäßige tierzahnärztliche Behandlungen sind notwendig für Teacup-Hunde.
  • Patellaluxation – Anfälligkeit für Knieverletzung, bei der die Kniescheibe herausspringt. Dies verursacht unnatürliche Belastungsverhältnisse und in weiterer Folge Arthrose.
  • Morbus Legg-Calvé-Perthes (LCP) – Eine gestörte Blutversorgung im Oberschenkelkopf führt zu einer falschen oder gar unterbrochenen Entwicklung der Hüftgelenke. Eine chirurgische Femurkopf-Hals-Resektion ist notwendig, um Schmerzen und Lahmheit zu kurieren bzw. zu mildern.
  • fragile Knochen – Durch die extreme Gedrängtheit aller Körperteile auf kleinstem Raum sind Knochen und Muskeln sehr fragil und schwach geworden, Knochenbrüche können schon bei alltäglichen Bewegungen wie dem Sprung vom Sofa passieren. Frakturen lassen sich nur schwer behandeln, da herkömmliche Platten und Schrauben zu groß für Teacup-Hunde sind und nicht gut halten.

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Teacup: Ein Problem mit vielen Facetten

Durch ihre geringe Körpergröße werden Teacup-Hunde im Straßenverkehr leider häufig übersehen, sie können keine Treppen steigen oder sich überhaupt normal in der Welt bewegen. Viele medizinische Instrumente und Hilfsmittel sind zu groß für die anatomisch unterentwickelten Tiere, was eine tierärztliche Versorgung verkompliziert – zusammen mit ihrer Anfälligkeit für Krankheiten und Verletzungen ergibt das eine lebensgefährliche Kombination. Ihre fragilen Knochen, die offene Fontanelle oder Fehlentwicklungen des Bewegungsapparates ermöglichen ihnen kein hundegerechtes Leben – Springen, Herumtollen und vor allem Spielen mit den normalgroßen Artgenossen können tödliche Gefahren bergen. Der normale Umgang mit anderen Hunden wird daher meist von vorneherein gemieden, besonders mit großen Hunden und ungestümen Welpen. Die Teacup-Hunde werden daher nie richtig sozialisiert und können sich dann anderen Tieren gegenüber aggressiv oder ängstlich verhalten.
„Da diese Hunde oft nur getragen und nicht wirklich erzogen werden, zeigen sie sich oft als ‚Kläffer‘ und provozieren auch gerne andere Hunde“, erklärt Lisa Hoth, Fachreferentin für Heimtiere beim Deutschen Tierschutzbund. „Sie werden von anderen Hunden als nicht sehr angenehme Artgenossen wahrgenommen. Kommt es mal zu einer aggressiven Begegnung, ziehen die kleinen Hunde natürlich den Kürzeren und werden sehr leicht verletzt.“

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