Nach Tierschutzskandal: 4000 Beagles suchen neues Zuhause

by StefanC
Mehrere junge Beagles sitzen in einem Zwinger.

Eine Rettungsaktion mit solchen Ausmaßen hatte wohl noch kein Tierschützer erlebt. Nach einem Tierschutzskandal wurde einem US-amerikanischen Tierversuchslabor untersagt, weiter Tiere zu halten. Daraufhin saßen knapp 4000 für Versuche gezüchtete Beagles „auf der Straße“. Nun sucht man für die Tiere ein neues Zuhause.

Es ist eine unglaubliche Geschichte, die sich im US-amerikanischen Bundesstaat Virginia im letzten Jahr abgespielt hat – und die Hoffnung dafür gibt, dass Tierschutz manchmal doch über Profit steht. Laut der New York Times kaufte die Medikamentenforschungsfirma Inotiv Inc. im Juli 2021 die Forschungseinrichtung für Pharmazie und Biotechnologie, Envigo. Auf ihrer Webseite warb Envigo damit, für ihre Tierversuche nur „gesunde, gut sozialisierte Tiere“ in eigenen Einrichtungen mit offizieller Zuchtlizenz zu züchten. Kurz darauf fand eine Inspektion der Zuchtstätte durch Beamte des U.S. Department of Agriculture statt. Die Inspektoren fanden mehrere gravierende Mängel in der Haltung der knapp 4000 Beagles, welche man für pharmazeutische Zwecke als Versuchstiere nutzte.

Manche Zwinger waren flächendeckend mit Kot und Urin verschmutzt, andere schlecht gewartet und belüftet und dadurch viel zu warm für die Hunde. Man berichtete von verletzten, kranken und unterernährten Hunden. Statt neun der Tiere zu behandeln, wurden sie einfach eingeschläfert. Von Jänner bis Juli 2021 waren laut Aufzeichnungen 300 Beagle-Welpen aus „unbekannten Gründen“ eingeschläfert worden. Viele der euthanisierten Hunde erhielten zudem nicht einmal eine Anästhesie vor dem letzten Schritt. Ein Inspektor berichtete von einer Beagle-Hündin, deren Pfote an einer defekten Zwingerstelle eingeklemmt war – sie war bereits stark dehydriert und trat unruhig auf der Stelle, während ihre drei Mitinsassen aufgebracht um sie herumsprangen. Niemand konnte sagen, wie lange die Hündin bereits so hatte verharren müssen.

Jetzt ist Schluss!

Auch der US-Senator Bill Stanley hatte bei seinen Besichtigungen der Envigo-Einrichtung im August 2020 und November 2021 von ähnlich desolaten Zuständen gesprochen. Er hatte sich schon zuvor dafür eingesetzt, den Einsatz von als Haustieren geltende Tiere zu Forschungszwecken zu verbieten – jedoch leider ohne Erfolg. Er kaufte privat zwei der Beagles, Daisy und Dixie, und erhielt daraufhin den Spitznamen „Senator Beagle“. Wie viele andere Tierfreunde arbeiteten auch Repräsentantin Elaine Luria und sechs weitere Kongressabgeordnete daran, dass dem Treiben Envigos ein Ende gesetzt würde. Schon im Mai 2022 beschlagnahmte man 446 Hunde in „akuter Gefahr“. Gleich am nächsten Tag reichte die Behörde eine Beschwerde bei Gericht wegen schweren Tierschutzverletzungen ein. Im August fand schließlich der Beschluss statt, alle 4000 Beagles aus der Einrichtung zu entfernen. Die größte Rettungsaktion der jüngeren Tierschutzgeschichte begann.

4000 Beagles und unendliches Mitgefühl

Den Behörden sprach Envigo 60 Tage Zeit zu, um alle 4000 Beagles aus der Einrichtung zu entfernen. Die logistische Seite des riesigen Unterfangens übernahm die gemeinnützige Organisation „Humane Society of the United States„. In mehreren Tierheimen und Pflegestellen sollen die Tiere kastriert, geimpft und eventuell tierärztlich behandelt sowie aufgepäppelt werden. Danach will man ein schönes neues Zuhause für jeden einzelnen Hund finden, der diese schreckliche Tortur überstanden hat. Zuerst will man die Welpen vermitteln, denen man so eine normale Sozialisierungsphase und einen guten Start ins Leben ermöglichen will.

Und die Nachfrage ist enorm! Nachdem der Fall die Medien erreichte, meldeten sich hunderte Menschen aus 25 Bundesstaaten. „Das öffentliche Interesse an diesen Beagles war absolut beispiellos“, so Angela Speed von der Humane Society im Interview. „Der Fall geht ans Herz. Weil wir alle wissen, dass diese Hunde nur gezüchtet wurden, damit an ihnen experimentiert wird. So ein Schicksal schmerzt jeden Tierliebhaber. Nun wollen viele helfen.“

Vor den Tierheimen stehen die Menschen geduldig Schlange, um sich für einen der 4000 Beagles zu bewerben. Doch Fließbandarbeit herrscht trotzdem nicht vor. Denn natürlich wird jeder Interessent sorgfältig überprüft. Mit je einem Hundewelpen durften beispielsweise die Schwestern Fa nach Hause gehen, deren krebskranker Beagle erst vor wenigen Wochen verstorben war. „Obwohl sie so viel durchgemacht haben, sind sie trotzdem so gutmütig“, so Christine Fa über den neuen Familienzuwachs. Ähnliches berichtet auch die pensionierte Lehrerin Mary Hunter Gallalee, die zwei Beagles auf ihrer Farm aufgenommen hat. „Sie sind freundlich, sie sind glücklich, sie genießen das Leben.“ Auch Cassie Stubus vom Beagle Freedom Project hat mehrere Welpen als Pflegestelle ausgenommen. „Es ist ein tolles Gefühl, ein Leben zu retten und ihnen die Liebe zu geben, die sie davor nicht gekannt haben.““73860″ img_size=“full“ add_caption=“yes“]

Happy End für alle?

Noch sind nicht annähernd alle 4000 Beagles in guten Händen, doch im Allgemeinen ist man dank des großen Interesses der Öffentlichkeit guter Dinge. In Tierheimen laufen die Stifte zum Ausfüllen der Adoptionsanträge heiß – und das nicht nur für die Beagles. „Während der Adoptionsanfrage sind viele Menschen ein bisschen im Tierheim herumspaziert und haben im Nachbarzwinger in die Augen eines ganz anderen Hundes geschaut und sich schließlich verliebt“, so Speed lachend. So wären auch viele andere „Insassen“ von Tierheimen zu einer unverhofften, aber wohlverdienten zweiten Chance gekommen.

Envigo selbst habe die Geschehnisse in ihrer Forschungseinrichtungen nicht offiziell kommentiert. Auch Anfragen für Statements und Interviews haben sie angeblich bis jetzt abgelehnt.

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